Thailand – Malediven

9. Reisebericht, Januar und Februar 2006

Kulturenvielfalt von Thailand nach Oman
Kurz nach Neujahr segeln wir in angenehm kurzen Tagesetappen von Insel zu Insel nach Thailand. In Langkawi haben wir neue Freunde gefunden, aber leider immer noch niemand, der noch in diesem Jahr nach Europa segelt. Wir hoffen darauf in Phuket Gleichgesinnte zu treffen. Dann hätten wir auf den langen Segeletappen über den Indischen Ozean täglich Kontakt per Funk und könnten über unser Wohlbefinden berichten. Wenn der Kontakt aber abbrechen würde, gäbe es jemanden, der bald etwas unternehmen würde. Am Ziel angekommen, wäre es schliesslich schön, Erfahrungen und Informationen auszutauschen.

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Das Segelwetter ist ideal, die See ruhig, einzig kurz vor der „Trauminsel“ Koh Phi Phi werden wir von einem heftigen Gewitter mit Böen und prasselndem Regen aus dem Cockpit in den Salon verscheucht, bevor wir eine Stunde später in einer kleinen Bucht auf der Westseite an einer komfortablen Boje festmachen. Hier hat vor einem Jahr die verheerende Tsunamiwelle grossen Schaden und grosses Leid gebracht. Wir fahren mit dem Dingi vorbei an sanft schaukelnden Luftmatratzen, mit unbeschwert dösenden Schönheiten darauf, und landen neben den vielen neuen „Longtail“-Booten an Land. Diese Boote sind die traditionellen thailändischen Fischerboote, ihren Namen verdanken sie einem auf dem Heck befestigten Automotor ohne Auspuff mit einer langen Welle und dem offenne Propeller dran. Entsprechend schlimm sind Lärm und Gestank den sie produzieren.

Wir sind betreten und beeindruckt von der immer noch deutlich erkennbaren Verwüstung, aber auch von der bereits wieder aufgebauten Infrastruktur mit modernen Restaurants, Läden und Tauchschulen. Das Touristenleben blüht bereits wieder in allen seinen Farben, Massen von Menschen wälzen sich durch die schmalen Wege, darunter Gruppen von zumeist europäisch aussehenden Tagestouristen, die sich unter „fachkundiger“ Führung die Tsunami-Katastrophe nahe bringen lassen. Wir sind froh, auf der eher ruhigen Rückseite der Insel beim „Affenstrand“ zu ankern, fern von den schnellen Sportbooten, lauten Longtails und grosse Wellen verursachenden Fähren. Wir geniessen auf der Insel das wunderbare thailändische Essen, besuchen das Internetcafe und erkunden schnorchelnd beim Affenstrand die wenigen noch verbliebenen Korallen.

Zur Abwechslung segeln wir zur Nachbarinsel von Koh Phi Phi mit spektakulären Schluchten. Dort erhoffen wir einen fantastischen Ankerplatz. Doch welch eine Enttäuschung! Dieser Pool im Zentrum der felsigen Insel ist überfüllt mit 50 grossen Touristenbooten, die sich untereinander kaum Platz zum Manövrieren lassen. So segeln wir gleich wieder zurück zum „Affenstrand“

Von hier ist es nur noch ein Katzensprung nach Phuket. Bevor wir die grosse Übersegelung zu den Malediven starten, gibt es noch einiges zu überholen, zu reparieren und an Proviant aufzustocken. Wir treffen da und dort ein bekanntes Gesicht, machen neue Bekanntschaften, doch immer noch niemanden, der im gleichen Zeitraum über den Indischen Ozean segelt. Nun denn, so ist es halt und wir bereiten uns für die Abreise vor. Zwischenzeitlich segeln wir hoch zu den berühmten „James Bond“-Inseln im Phang-Nga-Nationalpark.

Wieder zurück in Phuket lernen wir Pascal Nufer kennen, einen schweizer Journalisten vom Radio DRS 1 und erleben aufregende Tage mit ihm. Wir versuchen ihm Einblicke in die Fahrtenseglerei zu geben. (Die daraus entstandene Sendung wurde am 1. März in „Siesta“ über die Radiowelle gesendet.

Von Thailand direkt zu den Malediven?
Schon fast ungeduldig, freuen wir uns nach nur drei Wochen darauf, Thailand zu verlassen und 1.500 Seemeilen (2780 Kilometer) über den Indischen Ozean zum Uligamu Atoll, ganz im Norden der Malediven, zu segeln. Wir wollen Sri Lanka bewusst nicht anlaufen, da das Land gemäss unseren Informationen aus „erstklassiger“ Quelle, kurz vor Kriegsausbruch stehe. Zudem leide es immer noch stark unter der Tsunami-Katastrophe. Für uns fünf würden die Einklarierungsgebühren mindestens 400 US$ betragen und der Hafen dürfe nicht für Erkundungstouren ins Landesinneres verlassen werden, erfahren wir von anderen Seglern. Die eingesparte Zeit wollen wir damit lieber im Roten Meer geniessen.

Frischravioli, Parmesan, Käse, grüner Salat, Salami, Landjäger, Cervelat, Lyonerwurst und sogar Erdbeertörtchen stehen als besondere Leckereien auf unserem Menuplan für die etwa zweiwöchige Reise direkt zu den Malediven. Die Zeit verbringen wir mit lesen, Schule, Gesellschaftsspielen, Legosteinen, singen, basteln und Hütten bauen. Nachts ist es stockdunkel, denn es ist Neumond. Kein Horizont ist auszumachen, ich höre die Wellen heran rauschen, bevor sie an „Muscat“ klatschen. Die einzige Orientierung in diesen Nächten geben uns die Instrumente. Der Autopilot übernimmt wie immer das Steuer. Das ständige Beobachten der Instrumente ist ermüdend, ich lehne mich zurück und gucke zu den fernen Sternen hinauf. Milliarden von Sternen funkeln in der Milchstrasse. Je länger ich hinauf schaue, desto mehr Sterne kann ich ausmachen. Sterne, Sternhaufen, Nebel, Sternschnuppen sind wie sonst selten zu sehen. Mit Yanik und Fabien zusammen entdecke ich viele grosse Sternbilder und dabei kommen viele Fragen auf. „Spiegeln sich die Sterne im Meer?“ Milliarden von phosphoreszierendem Plankton funkeln wie die Sterne am Himmelszelt im Wasser! „Sind die Fische im Meer das was die Vögel für uns am Himmel sind?“ fragt mich ein Kind.

Alternator wieder defekt – Notstopp in Sri Lanka
Ein kalter Nordwind bringt uns kühle Nächte. Für die Nachtwache ziehen wir uns Jacken mit Kapuzen über und hüllen uns in Decken. Der Wind weht immer zwischen 15 bis 22 Knoten (1 Knoten = 1.825 km/Std.). Einzig die seitliche Dünung ist unangenehm. Nach zehn Tagen sind wir in die Nähe von Sri Lanka, die Dünung wird weniger. Um Mitternacht stellt Andi fest, dass der Alternator nicht mehr lädt. Ich kann es schon gar nicht mehr hören und sage gar nichts. Es kommt mir mehr als Witz vor, haben wir doch erst in Thailand wieder einen Alternator neu wickeln und kontrollieren lassen. Dieses Mal ist wieder der Laderegler defekt. Es ist morgens um 3.00 Uhr. Andi verschwindet im Motorraum und montiert einen Reserve-Laderegler und als das nichts hilft, auch noch unseren zweiten Alternator. Wir sind vor der Südküste Sri Lankas. Viele Fischer sind in der Morgendämmerung mit ihren kleinen hölzernen Booten schon bei der Arbeit. Beim Frühstück steht fest, dass der zweite Alternator zuviel lädt. Wir wagen es nicht ohne funktionierenden Alternator weiter zu den Malediven zu segeln, denn dort können wir keine Reparatur erwarten. Die weiteren 1.250 Seemeilen nach Oman ohne Alternator zu segeln, hiesse für uns, fast völlig auf Strom verzichten zu müssen und zehn Tage lang von Hand zu steuern. Wir funken die Hafenbehörde von Galle an und fragen nach einer Bewilligung für einen kurzen Notaufenthalt zwecks Reparatur unserer Alternatoren ohne Einklarieren in Galle. Die Antwort ist negativ, sobald wir in den Hafen fahren müssen wir einklarieren, egal wie viele Stunden oder Tage wir uns dort aufhalten wollen. Andi versucht bis zum späten Nachmittag das Problem zu beheben, doch schliesslich sind wir gezwungen, in den Hafen einzulaufen.

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Wir kündigen uns bei einem Agenten an, der die Formalitäten zur Einreise erledigt. Die Hafenbehörde weist uns an direkt neben der Hafeneinfahrt zu ankern. Sie kommen mit einem Schnellboot vorbei, kontrollieren uns und die „Muscat“ und geben uns schliesslich die Erlaubnis, an den mit scharfer Munition ausgerüsteten Wachsoldaten hoch oben im Wachturm am Hafeneingang vorbei, einzulaufen. Wir setzen den Anker und machen mit Heckleinen an einem provisorischen Plastikdock fest. Die Einklarierungs¬gebühren sind aussergewöhnlich hoch, aber nur die Hälfte dessen, was unter den Segler als Preis genannt wurde. Schnell sind die Formalitäten erledigt und das ganze nur halb so schlimm wie befürchtet. Wir werden darauf hingewiesen, dass jede Nacht im Hafen eine Wasserbombe zur Explosion gebracht wird, um den Hafen vor tamilischen Unabhängigkeitskämpfer in Tauchausrüstung zu schützen. Vor uns liegt eine Entladestation für Schiffe, die Zement einführen, entsprechend ist in der Umgebung alles in zentimeterdickem Staub eingehüllt. Neben uns ragt eine hohe schwarze Steinmauer aus losen Granitblöcken auf und reflektiert noch die glühende Hitze. Es gibt kein Wasser und Strom am Dock. Um in den Ort zu gelangen, müssen wir einen halben Kilometer durch die öde Hafengegend zum streng bewachten Hafenausgang spazieren.

Die Atmosphäre zwischen den schon hier liegenden Yachten ist herzlich und familiär. „Willkommen in Sri Lanka“ werden wir herzlich begrüsst und sitzen schon bald im Cockpit eines sehr luxuriös ausgerüsteten Katamarans bei einem erfrischenden Drink zusammen mit einer Familie mit zwei Kleinkindern und weiteren Seglern auf dem Weg nach Europa!

Am Wichtigsten ist das Reparieren des Alternators oder falls möglich, endlich ein neues Gerät zu erhalten. Wir rufen bei der Vertretung in der Schweiz an und wollen wissen, ob jetzt ein Ersatz verfügbar sei. Die Landsleute daheim wollen sich bemühen, es schnell abzuklären. Unser Agent organisiert uns einen Mechaniker, der am nächsten Tag sechs Stunden nach der vereinbarten Zeit eintrifft. Er ist ziemlich ratlos und hat nicht allzu viel Ahnung, wie Andi feststellt. Unser Agent verspricht, sich um das Alternator-Problem zu kümmern und allenfalls einen neuen zu organisieren. Auch steht noch die Antwort für die Lieferbarkeit eines neuen Alternators aus der Schweiz oder Holland aus.

In der zweiten Nacht wird Floris krank. Er erbricht sich die ganze Nacht halbstündlich und hat starken Durchfall. Die nächsten Tage macht es bei uns die Runde, einer nach dem anderen ist dran. Ich bin irritiert, waren wir doch zehn Tage auf hoher See. Wir hatten nur eine kurze Fahrt mit einem Tuk Tuk durch Galle unternommen, wo wir dann noch ein altes Fort aus der Zeit der Portugiesen angeschaut haben. Wir haben weder auswärts getrunken noch gegessen! Wovon werden wir plötzlich so krank? Zwei Tage später ist es uns allen nicht möglich, die Einladung zum Kinoabend auf dem Katamaran teilzunehmen. Als wir uns abmelden, erfahren wir, dass die ganze Familie auf dem Katamaran schon tagelang unter Durchfall und Erbrechen leiden und die Bordfrau dringend medizinische Hilfe benötigt. Jetzt wissen wir wenigstens wo wir uns angesteckt haben.

Sri Lanka ist schöner als erwartet
Nach einigen Tagen sind wir wieder einigermassen gesund, aber unser Alternator-Problem ist immer noch ungelöst. Trotzdem unternehmen wir mit dem Führer Tissa eine dreitägige Rundreise in seinem klimatisierten Kleinbus in die kühle Hügellandschaft Sri Lankas. Wir fahren der Küste entlang, sehen viele durch den Tsunami zerstörte Häuser, immer noch bewohnte UNO Zelte und viele Tafeln, die informieren, welches Land oder welche Grossfirma wo und was zum Wiederaufbau beiträgt. So hat zum Beispiel die Deutsche Bank die Verkaufstheken des Fischmarktes gesponsert und die Japaner bauen viele Brücken wieder auf (damit sie wieder Autos verkaufen können). Aber wir sehen auch Projekte für besseren Süsswasserzugang für die Bevölkerung, die einen sehr einfachen Standard haben und vielerorts auf grosse Armut und eine schlechte hygienische Infrastruktur schliessen lassen.

Mit Tissa entdecken wir abseits des grossen Touristenstromes interessante Orte. Wir besuchen ein unterirdisches Labyrinth in einem riesigen Buddha mit uralten Wandmalereien in Matarawa und lassen uns von den Mönchen in die rund 2.500 Jahre alte Geschichte des Buddhismus einführen. Es ist erst 14 Uhr, als Tissa uns in ein Hotel nahe des Yala Nationalparkes bringt. Wir sind doch nicht früh aufgestanden, um mitten am Tag in ein Hotel zu gehen? Als unsere drei Kinder den Swimmingpool sehen, gibt es aber für mich nichts mehr aufzumucken, Tissa lächelt. Abends spazieren wir zum nahe gelegenen See. Sofort werden wir belagert von Burschen, die uns eine Tour in die Nähe den Nationalparkes anpreisen. Wir erklären, dass wir bereits einen Führer haben und ausserdem unbedingt Elefanten in „freier“ Wildbahn sehen wollen. „Schade, aber nicht so schlimm, möchten eure Kinder etwas zum naschen?“ Schon sind alle im „Tante Emma“-Laden verschwunden. Es beschämt uns Eltern ein wenig, dass diese Burschen unsere drei Kinder einladen und wir ihnen nichts dafür geben dürfen. Aber damit nicht genug, sie rufen gleich noch ihren Bootsführer-Freund und nehmen uns mit auf eine kleine Rundfahrt auf dem See, hinaus zu einer kleinen Insel mit Hunderten von Pelikanen und anderen Wasservögel.

Abenteuerlicher Besuch im Yala Nationalpark
Morgens um fünf Uhr geht es los: Im offenen uralten Land Rover brausen wir davon zum Nationalpark, der an der Südostküste in einer Steppenlandschaft liegt. Wir bezahlen einen happigen Eintritt und erhalten nebst Tissa und unserem Fahrer noch einen Ranger zur Begleitung. Dann reihen wir uns artig zwischen viele andere Jeeps mit Touristen ein und jagen los über die Naturstrassen des Parks. Wasserbüffel, Pfaue, Vögel und sogar Krokodile sind häufig zu sehen, aber gerade die begehrten Elefanten machen sich rar. Wir sehen kurz zwei Hinterbeine und einen pendelnden Schwanz im Gestrüpp verschwinden. Unsere Führer geben nicht auf, ganze drei Stunden holpern wir kreuz und quer durch die wunderschöne Landschaft, schlussendlich nur noch auf der Suche nach Elefanten. An jeder Weggabelung treffen wir auf andere Jeeps, Tipps und Ratschläge werden unter den Fahrern ausgetauscht, später nur noch eine verneinende Handbewegung. Nun, wie wichtig sind die Elefanten für uns? Nicht so wichtig jedenfalls, dass wir weitere Stunden rumholpern wollen. Wir sind uns einig, dass es noch andere Elefanten irgendwo zu entdecken gibt. Wir stoppen wie alle anderen Jeeps kurz nach 9 Uhr morgens am grossen Sandstrand des Parkes. Hier rollte vor einem Jahr die verheerende Tsunamiwelle bis weit ins Land herein und riss die hier rastenden Touristen und Führer mit ins Meer hinaus. Ein grosses metallenes Monument in Form von Wellen gedenkt den vielen Opfern aus aller Welt.

Unsere kurze Rast ist vorbei. Wir teilen Tissa mit, dass wir lieber zurück zum Hotel möchten, als weiter sinnlos herum zu fahren, um einen kurzen Blick auf Elefanten zu erhaschen. Auf dem Rückweg, entdecken wir doch noch einen, ja sogar noch einen zweiten im Gestrüpp. Die Führer sind richtig glücklich, können sie diesen Tag nun erfolgreich abhaken. Also ab zurück Hotel. Zwei bis drei Kurven weiter kommt es dann plötzlich noch besser: ein richtiger Glücksfall, denn ein junger Bulle steht direkt am Wegrand. Wir zücken schnell unseren Fotoapparat, da dreht uns der Elefant seinen Hintern zu und geht davon. „He, guck nochmals für das Foto her, “ sag ich und klatsche kurz in die Hände. Gleichzeitig poltert unser Nationalparkführer mit der Hand an die Autotüre. Das wirkt besser, als wir zu hoffen gewagt haben, der Bulle dreht sich wie der Blitz um, posaunt laut in die Luft und donnert wütend auf uns zu. Ich packe Floris fest und mache mich darauf gefasst mit dem Jeep umgestossen zu werden. Der Ranger öffnet die Türe des Jeeps, balanciert auf dem Trittbrett, fuchtelt mit Armen und Bein und schreit den Bullen an. Nur wenige Zentimeter vor dem Jeep, posaunt der Bulle empört nochmals in die Luft, bevor er umdreht und sich zögernd, laut stampfend und posaunend entfernt. Ich schliesse endlich meinen vor Schreck immer noch geöffneten Mund und atme wieder mal aus. Das war knapp. „Sag mal, sind Nationalpärke gefährlicher als wir annehmen oder ziehen wir solche hautnahen Erlebnisse an? Wir werden diesen Elefanten nie vergessen, genauso wenig wie den Waran im Komodo Nationalpark oder Orang Utan in Borneo (Kalimantan).“

Reges, farbenfrohes Leben um uns herum
Zurück im Hotel schmausen wir vor unserer Weiterfahrt ein ausgiebiges Frühstück. Unser heutiges Ziel ist Ella, der Ausgangspunkt für eine aussergewöhnlich schöne Zugreise durch die Hügellandschaft und Teeplantagen Sri Lankas. Unterwegs bestaunen wir die nun weltweit grössten (die ehemals grössten hatten die Taliban vor einigen Jahren in Afghanistan zerstört) mit Holz in Granitstein gehauenen, etwa 2000 Jahre alte Buddhaskulpturen. Unser lokaler Führer zeigt uns auf dem kurzen Wegstück zum Felsen Baumwollknospen, Mimosen, die ihre Blätter bei Berührung zusammen zieht, Leimpflanzen, mit deren Blüte wir unsere Kleider verzieren, Ebenholzbäume und andere unscheinbarere Pflanzen, die uns faszinieren. Gerne wäre ich länger mit diesem Führer durch die Flora und Fauna gewandert! Eine giftige, kleine grüne Schlange schlängelt sich vor uns über den Weg.

Da und dort halten wir an, entdecken eine herrlich bunte Welt in Sri Lanka: Fischer fischen auf Pfählen sitzend, Dorfbewohner erklären uns gestikulierend, wie man Gummi vom Gummibaum gewinnt, die Töpferin zeigt uns, wie schnell sie Töpfe für Joghurt und Schälchen für Öllämpchen töpfert, ein Schlangenbeschwörer lässt seine Kobras tanzen und verkauft Kräuteröle, Bankangestellte schlendern in ihren einheitlichen Saris, in Firmenfarbe, durch die Mittagspause, Mönche wandern der Strasse entlang, Bananenverkäufer preisen dicke, dünne, kurze, gelbe, grüne oder rote Bananen an. Ein kurzer Halt bei einem hohen Wasserfall verleitet mich, einen schönen Quarz zu erstehen und uns am kühlen Wasser zu erfrischen. Immer höher fahren wir hinauf in kühle Gegenden und ziehen uns bald warme Jacken über. In Ella beziehen wir ein grosses Zimmer in einem lauschigen, blumenreichen Familiengasthaus. Es gibt eine reichliche Curry-Mahlzeit mit Pappadams, Fladenbrot, Huhn- und Gemüse, Saucen und Reis. Anschliessend fühle ich mich bei einer Massage selbst wie ein Hühnchen: Zuerst werde ich über eine Stunde mit fein riechenden ayurvedischen Ölen massiert (mariniert) dann werde ich 30 Minuten im Dampf gegart. Ich rieche und fühle mich herrlich und melde Andi gleich für den nächsten Tag um 7.00 Uhr morgens an.

Feine Kokosküchlein, Toast mit Butter und Konfitüre, Rührei, frisch pürierte Fruchtsäfte und Tee mit Zucker und Milch. Alle sind zufrieden und essen reichlich Frühstück bevor uns Tissa zum kleinen Kolonialbahnhof fährt. Der Bahnhofvorsteher steht mit der Pfeife auf dem Bahnsteig, der ratternde alte Zug fährt ein. Wir beziehen unsere reservierten Plätze im hintersten Wagen mit feudalen Sitzen und grossen Fenstern. Der Zug schlängelt sich Hügel hinauf mit weiter Sicht über die Täler, rattert Gemüsegärten und Teeplantagen entlang, durch 21 Tunnel und über sieben Brücken. An den Haltestellen kaufen wir Kichererbsenküchlein bevor wir nach kurzweiligen vier Stunden Fahrt aussteigen und von Tissa nach Kandy gefahren werden. Wir buchen ein Zimmer für zwei Nächte in einem luftigen kleinen Familienhotel, schön und ruhig gelegen mit weiter Sicht auf die grüne Flussebene. Das Restaurant ist gleich unter dem Dach, offen nach allen Seiten. Ab und zu guckt ein Makakenaffe vorwitzig herein und freche Raben nutzen die Gelegenheit Reste der Leckerbissen zu erhaschen.

Im Inneren von Sri Lanka locken Tempel, Tee und Feuerläufer
Wir beschliessen diesen ereignisreichen Tag mit einer farbenreichen Tanzdarbietung im Theater mit anschliessendem Feuerlaufen. Fabien ist von den Feuerläufern überhaupt nicht beeindruckt. „Das ist doch nichts, dass kann ich auch!“ verkündet er lauthals. „Ja klar, wenn man will, kann man alles“, antworte ich weise. „Nun, dann spaziere ich jetzt auch darüber!“ erklärt er. Ja was soll ich jetzt sagen? Nein, das ist viel zu heiss? Damit glaube ich nach meiner vorherigen Aussage ja doch nicht ganz an seinen Willen und Können und enttarne meine „Weisheit“ als Farce? Ich bin stark im Konflikt, aber gebe mich gelassen. „Mach nur, wenn Du willst!“ stimme ich zu. Mit Entsetzen merke ich, dass es ihm wirklich ernst ist und mache schnell den Vorschlag es doch erstmal quer über das Feld mit den glühenden Kohlen zu rennen. Ich gucke zur Bar, die noch besetzt ist und im Notfall sicher einige Eiswürfel zur Kühlung bereit hätte. Währenddessen marschiert Fabien selbstbewusst zu den glühenden Kohlen und rennt quer darüber. „Siehst Du, das macht gar nichts, es ist ganz einfach!“ strahlt er. Er springt noch ein paar Mal hin und her, bevor er beschliesst gleich noch die 3 m in der Länge zu probieren. Ich ringe mit mir, ihn zu stoppen, aber halte mich zurück. Fabien steht vor den Kohlen atmet tief durch und läuft gelassen die ganze Strecke auf glühenden Kohlen durch. Wir sind begeistert und ich empfinde tiefen Respekt vor dem siebenjährigen Kerl.

Nur einen Tag in Kandy zu verbringen ist viel zu kurz, das ist uns schnell klar. Es gäbe so viele Manufakturen für Batikherstellung, Seidenfabriken, Schnitzereien, Möbelherstellung und natürlich auch Teeplantagen und Tempel anzuschauen. Wir besuchen zunächst einmal eine Seidenfabrik. Nun, genau genommen, wird dort keine Seide produziert, sondern nur verkauft. Sie beschränken sich darauf, uns die Seidenproduktion anhand von Bildern und Anschauungsmaterial zu erklären. So wissen wir jetzt, dass die Kokons der Seidenraupe eingesammelt, mit Wasser überbrüht und aus einem Kokons zehn km Faden abgewickelt werden. Danach wird der Faden eingefärbt und zu einem sieben m langen Tuch gewoben, einem Sari. Und wie man diese sieben Meter langen Seidetücher schön um den Körper wickelt, lasse ich mir gleich an meinem eigen Leib vorführen. Um das ganze Bild abzurunden, kleben mir die Damen noch einen kleinen roten Filzpunkt auf die Nasenwurzel, der bringe Glück – und das kann man doch immer brauchen! Nun, so einen Sari zu wickeln und elegant zu tragen ist schon eine kleine Kunst. Ich möchte mir eine praktische „indische“ Kleidung, bestehend aus Hosen, Tunika und Schal nähen lassen, denn bald sind wir im streng moslemischen Oman, wo dies ein ideales und bequemes Kleidungsstück wäre. Kein Problem, in zwei Stunden wird alles individuell angefertigt sein.
Diese Zeit nutzen wir zur Besichtigung des grossen „Zahn“-Tempels. In diesem Tempel wird ein echter Zahn von Buddha aufbewahrt, der vor etwa 2500 Jahre zum ersten Mal verstarb. Gemeinsam mit vielen Pilgern stehen wir in einer langen Warteschlange und warten auf Einlass, derweil bieten Blumenverkäufer Lotusblumen und Blumenkränze aus süss duftenden Blüten an. Wir geben unsere Schuhe ab, lassen uns auf Waffen abtasten und unsere Taschen durchsuchen, das geschieht natürlich brav nach Mann und Frau getrennt. Wir haben einen englisch sprechenden Führer an unserer Seite und müssen uns zuerst beeilen, um einen kurzen Blick auf den grossen Goldschatz und die uralten Schriften auf Pergament und Kupfer zu erhaschen. Die Türen sind jeweils nur für zehn Minuten geöffnet. Die drei Türen aus Gold, Silber und Glas, hinter denen die Schatztruhe mit dem besagten Zahn von Buddha verborgen ist, werden jedoch bei einer bestimmten Sternkonstellation geöffnet – und da haben wir heute leider Pech!

Die Pilger sind bewegt und legen ihre Blumen nieder. Danach haben wir Zeit, uns in Ruhe im Tempel die grossen Wandbilder zur „Zahngeschichte“ erzählen zu lassen. Die Geschichte besagt, dass eine Prinzessin vor langer Zeit diesen Zahn in ihrem hoch aufgesteckten Haar von Indien nach Sri Lanka schmuggeln konnte. Natürlich war das gar nicht einfach, denn sie wurde verfolgt und der Zahn war erst im eigens dafür gebauten Tempel in Kandy endgültig in Sicherheit. Es ist eine so interessante Besichtigung, dass sogar unsere an solchen Orten eher unruhigen Kinder fasziniert sind. Auch von dem heiligen, riesigen ausgestopften Elefanten mit seiner 80jährigen Geschichte als „Zahnkistchenträger“ bei der grossen Prozession in Kandy, waren wir sehr beeindruckt. (Ich vor allem davon, dass man sogar so einen riesigen Elefanten ausstopfen kann, Floris wohl eher, dass der nicht auf uns losrannte!)

Was man in Sri Lanka natürlich nicht auslassen darf, ist der Besuch einer Teefabrik. Wir haben bereits auf unserer Hinreise weite Teefelder bestaunt und uns von den Teepfückerinnen ihre Arbeit zeigen lassen. Nicht jedes Teeblatt ist gleich gut und die ganz jungen, hellgrünen, frischen Blätter werden für einen gesunden „Kräutertee, eine Spezialität, gepflückt. „20 Kilogramm soll eine Teepflückerin in der Woche ernten, dafür erhalte sie umgerechnet etwa 5 Franken“, erzählt uns Tissa. Die Säcke voller Blätter werden in die Fabrik gebracht und in Warmluft angetrocknet. Danach schüttet man die Blätter in eine Schwinge, in der sie zerkleinert werden. Fabrikarbeiterinnen schaufeln die Blätter auf ein Siebband, wobei die feinen Stücke auf das darunter liegende Tuch fallen. Die grossen Stücke schaufelt sie wieder zurück in die Schwinge. Auf dem Tuch liegt nun Grüntee. Für den Schwarztee legen sie die gesiebten Blätter nochmals auf dem Boden aus, wo sie 24 Stunden lang mit feinem Wasserstaub besprüht werden und fermentieren. Anschliessend werden sie in der Trocknungsanlage gut getrocknet und in grosse Säcke für den Weltmarkt abgefüllt. Klar, dass wir auch hier nach der Führung zum fabrikeigenen Teeladen geführt werden, die verschiedenen Teesorten ausprobieren dürfen, bevor wir etwas kaufen werden.

Unsere „Heimreise“ in den Hafen von Galle ist lang. Unterwegs lassen wir uns einen kurzen Besuch mit anschliessender Elefantenwäsche im Fluss bei einem Elefanten-Waisenhaus nicht nehmen und schnuppern in den ayurvedischen Kräutergärten Öle und Gewürze. Gerne hätten wir uns noch eine Mondstein-Mine angeguckt, aber es wäre einfach zuviel gewesen. Schade. Unterwegs läutet unser Handy, unser Agent ist dran, in Colombo gäbe es einen passenden Alternator für unseren Motor. Das hört sich ja gut an, ob er auch wirklich passt und funktioniert? Er versichert es uns und wir stimmen dem Kauf zu. 30 Minuten später läutet unser Handy wieder. Diesmal ist der Vetus-Vertreter aus der Schweiz dran! Der Alternator ist jetzt lieferbar und schon unterwegs in die Schweiz. Dabei haben wir nur nach der Lieferzeit gefragt. Wohin sie ihn uns schicken lassen sollen? Was tun? Wie lange dauert wohl die Lieferung nach Sri Lanka, bis wir ihn in den Händen halten? Wenn der in Colombo eben bestellte Alternator nicht funktioniert und wir den aus der Schweiz lieferbare jetzt abbestellen, haben wir wieder keinen. Also sagen wir den Schweizern, dass wir ihnen am nächsten Tag mitteilen, ob sie ihn nach Sri Lanka senden sollen oder nicht.

Endlich: ein nigel-nagel neuer Alternator!
Spät abends kommen wir wieder im Hafen an. Mit unseren drei schlafenden Kindern und dem vielen Gepäck erhalten wir sogar die Erlaubnis, dass Tissa uns durch das Areal bis zum Schiff fahren darf. Dafür begleitet uns extra ein bewaffneter Soldat. Schon am nächsten Tag bringt uns unser Agent den neuen Alternator. Er passt fast. Andi muss noch die Spannlasche schmaler machen und zwei Löcher aufbohren, aber er funktioniert einwandfrei. Unfassbar! Wir bereiten uns endlich für die Überfahrt zu den Malediven vor.

Ich möchte nochmals vor unserer Abreise in die Stadt um Gewürze, Früchte, Gemüse, Kleider und vielleicht noch ein Stück Seide einkaufen. Zurück im Hafen spazieren wir noch in ein kleines Restaurant in der Nähe mit einem kleinen Spielplatz. Unsere Kinder haben grossen Spass am schnellen metallenen Karussell und prompt schlägt sich Fabien den Kopf an. Wieder kleben wir die Platzwunde mit Wundklebebändern zu und verschieben unsere Abreise um einen weiteren Tag.

In Sri Lanka muss man beim Ausklarieren stets die genaue Abfahrtszeit angeben. Vor unserer Abreise verlegen wir die Muscat an den Quai unseres Agenten, um Wasser und zwei Fässer mit je 200 Liter Diesel, das wir bestellt haben, in unseren Tanks abzufüllen. Beim Umfüllen des Diesels merkt Andi, dass er sich in der Menge verschätzt hat. Es bleiben noch 160 Liter Diesel im Fass übrig. Keiner der anderen Fahrtensegler benötigt Diesel, alle haben schon aufgetankt! Den Diesel zurückgeben oder an einen Fischer verkaufen, dürfen wir nicht. Andi eilt nochmals in die Stadt und kauft mehrere Kanister, holt noch Geld um den Diesel zu bezahlen und wechselt das restliche Geld in US$. Inzwischen sind schon drei Stunden nach der angekündigten Abfahrtszeit vergangen! Die Hafenbehörde fragt nach und macht uns darauf aufmerksam, dass wir uns an die Zeit halten müssen. Endlich sind wir bereit und machen die Leinen los. Wir bekommen das OK zum Auslaufen, werden aber im Hafenbecken von einem Schnellboot noch einmal gestoppt. Ein kurzes Palaver über Funk, dann dürfen wir auslaufen! Wir sind fix und fertig, und es ist einfach brütend heiss hier!

Traumhafte Malediven mit feinen weissen Sandstränden…
450 Seemeilen Überfahrt zu den Malediven ist für uns eine kurze Strecke. Der Mond scheint hell, der Wind bläst mässig, zum Teil müssen wir unter Motor fahren. Nach drei Tagen setzen wir frühmorgens den Anker vor dem blendend weissen Sandstrand, 13 Meter tief im smaragdgrünen Wasser im Uligamu Atoll, ganz im Norden der Malediven. Ist das herrlich hier! Drei junge, hübsche Burschen in Uniform jagen im Schnellboot daher und erledigen das Einklarieren. Wir haben Glück, heute Abend findet ein Grillabend für alle 11 hier ankernden Segelyachten mit einheimischer Trommelmusik und Tanz statt. Sie bringen den Fisch, wir sollen doch bitte einen Salat beisteuern. Das machen wir gerne und freuen uns sehr darauf.

Zuerst lassen wir aber unser Dingi schnellstens runter und fahren an den Sandstrand. Juhui, kaum zu glauben, aber wir haben schon lange nicht mehr an einem so schönen Strand gespielt, gesändelet, gebadet und Muscheln gesucht! Zurück auf dem Schiff bereite ich meinen Kartoffelsalat für den Grillabend zu. Yanik, Fabien und Floris baden von der Badeplattform aus im warmen Meerwasser. Nicht sehr lange, denn sie verkünden, dass es da draussen riesige Haifischflossen habe. Ich sehe nichts! Da geht ihnen wohl die Fantasie durch. Abends um fünf Uhr fahren wir wieder zum Sandstrand. Und jetzt sehen wir tatsächlich steile, weisse und schwarze Flossen über der Wasseroberfläche auf- und abtauchen! Wir fahren näher hin und sehen mindestens 30 Mantarochen um uns herum schwimmen! Jetzt sind wir schön angezogen und auf dem Weg zum Grillabend, aber morgen wollen wir das Schnorchelzeug packen und die Mantas unter Wasser beobachten.

Ich staune immer wieder, was für Koch- und Backkünste in den kleinen Kombüsen der Segelschiffe vollbracht werden. Wir geniessen ein tolles Buffet und lernen nette, interessante Segler kennen. Unsere Einklarierungsbeamte erkennen wir kaum wieder, statt in Uniform stehen sie sportlich gekleidet in T-Shirt und Jeans vor uns und fordern uns zum Tanz auf. Die Trommeln geben uns den Rhythmus, die Hände den Takt, so tanzen Gross und Klein am Sandstrand neben der Glut unseres grossen Lagerfeuers.

Als weiteres Highlight organisieren unsere neuen Freunde von den Malediven eine Rundfahrt für alle Segler auf zwei andere Inseln. Sie zeigen uns ihre sauberen, schön gebauten Dörfer. Alles wirkt sehr gepflegt. Überall laden einfache, bequeme „Liegestühle“ zum Verweilen ein. Die Bewohner kommen mit ihren Kindern hinaus und zeigen ihnen die für sie wohl so ungewohnte Menschen, während wir sie neugierig bestaunen. Die Frauen sind mit schönen farbigen Stoffen gekleidet und tragen oft ein schönes Kopftuch. Wir dürfen die Schule besuchen, beobachten versierte und geschickte Schiffsbauer beim Bau von drei grossen Dhaus (Fischerboot) und lassen uns in einem winzigen Restaurant an einer feinen Currytafel nieder. Und natürlich quatschen, schwimmen und schnorcheln wir auch zusammen.

Jeden Tag fahren wir nach eineinhalb Schulstunden an Bord zum Sandstrand. Wir beobachten nun das Meer um uns sehr genau und sehen jeden Tag Delfine und Schildkröten. Nur die Mantarochen machen sich rar. Am Strand lernen wir Mädchen kennen, die ein wenig mit uns handeln wollen und uns mit frischen Früchten, Kokosnüssen und Fladenbrot versorgen. Wir müssen dies ein wenig versteckt tun, da der Chef im Dorf dieses Geschäft sonst für sich beansprucht. Dann lohnt sich das Warten und Beobachten, wir entdecken die Mantas. Sofort packen wir unser Schnorchelzeug und beobachten diese grossen, Plankton fressenden, harmlosen Tiere unter Wasser. Ohne grosse Scheu schwimmen sie um uns. Andi macht dabei sehr schöne Unterwasserfotos.

Drittlängste Segeletappe: Von den Malediven nach Oman
Ja, hier könnten wir noch lange verweilen! Doch viele Meilen liegen noch vor uns bis wir im Juni im Mittelmeer sind! Von hier bis nach Oman sind es weitere 1250 Seemeilen. Das ist nach der Pazifiküberquerung, die 20½ Tage gedauert hatte und dem Atlantik, den wir in 14 Tagen überquert hatten die drittlängste Passage. Wir starten frohen Mutes bei wenig Wind. Der Seegang ist ruhig und bald hängt auch schon ein fetter Thunfisch am Haken. Das freut uns besonders, denn im südost-asiatischem Raum haben wir nie was gefangen. Hier scheint es wieder mehr und grössere Fische zu haben. In unserem gesamten Reis gibt es Käfer, die ich vor dem Kochen sorgfältig mit Meerwasser raus wasche. Ich backe frisches Brot und wir stellen fest, dass neben den gesunden Leinsamen auch solche „Körner“ mit sechs Beinen eingebacken sind. Wir suchen sie mit der Messerspitze raus. Beim Durchgucken unserer Vorräte stelle ich fest, dass alle Barilla-Teigwaren voller Käfer sind. Andi meint, dass sie sich gut raus waschen liessen, aber für mich ist das des Guten zuviel. Ich werfe sie allesamt über Bord.

Wir kommen gut vorwärts, ab und zu bläst der Wind streng in die Segel, aber oft haben wir nur wenig Wind und müssen unter Motor fahren. Das freut wie immer die Kinder besonders, dann dürfen sie öfter sich am Computer mit Spielen verweilen. Unterwegs treffen wir auf Fischerboote, die uns fuchtelnd und rufend zu verstehen geben, dass sie gerne Bier hätten und von Pakistan seien. Immer wieder treffen wir auf solche Fangflotten mit mehreren Booten die grosse Treibnetze auslegen.

Gefangen im Treibnetz
Wir haben wieder Neumond, was ich auf der Wache eigentlich ja gar nicht mag. Inzwischen bin ich aber mit Hilfe eines Computerprogrammes eine eifrige Sternbeobachterin geworden. Ich geniesse die nächtliche Stille und das Rauschen der funkelnden Wellen. Auf meiner Wache in der fünften Nacht segelt Muscat flott vor dem Wind. Die Segel stehen wie Schmetterlingsflügel auf beiden Seiten. Es ist stockfinster, nur fern am Horizont sind ein paar Lichter von Fischerbooten auszumachen. Ein leichtes Rucken geht durch das Schiff. Es ist still. Ich schaue mich um. Alles scheint in Ordnung. Die Segel stehen voll im Wind. Trotzdem es ist ausserordentlich still. Das Rauschen der Wellen ist verstummt! Ich kontrolliere den GPS. Die Geschwindigkeitsanzeige zeigt 0 Knoten an! Wie ist das möglich? Dann sehe ich eine feine weisse Linie seitlich vom Schiff schwach im Wasser schimmern. Wir hängen in einem Fischernetz! Im ersten Impuls will ich den Motor starten und sofort rückwärts fahren, unterlasse es aber, denn ich will auf keinen Fall, dass sich das Netz um den Propeller wickelt! Stattdessen rufe ich Andi ins Cockpit. Er guckt sich die Sache von allen Seiten und meint: „Tja, da hängen wir fest. Warten wir das Tageslicht ab. Ich gehe wieder schlafen.“ Ich schaue ihn entgeistert an. Mir wird Angst und Bange bei dem Gedanken, wie und ob wir da überhaupt einfach wieder rauskommen. Ich erinnere mich an ein vergleichbares Erlebnis aus Los Roques, Venezuela. Damals verfing sich nachts eine Leine um den Propeller und Andi legte sich, nachdem er die Sache betrachtet hatte, tatsächlich wieder schlafen, während ich auf dem Vordeck Wache hielt. Frühmorgens schnitt er, mit Schnorchelzeug und Messer ausgerüstet, die Leine vom Propeller los.

Doch diesmal entschliesst sich Andi nach meiner Widerrede hin gleich zu handeln und das scharfe Buschmesser und den grossen Haken, mit dem wir sonst die gefangenen Fische an Bord hieven, rauszuholen. Er sichert sich mit Schwimmweste und Leine und steigt auf die Badeplattform hinunter. Die Wellen klatschen ihm bis ins Gesicht! Er packt die Leine des Netzes mit dem Haken, befestigt eine Leine daran und ich kurble sie mit Hilfe der Winsch hinauf. Dann hackt er die zwei Zentimeter dicke Leine mit dem Buschmesser durch. Ein leichtes Beben zieht durch Muscat. Wir stehen immer noch still! Andi lehnt sich weit hinaus, Wellen klatschen ihm über den Kopf. Er erwischt mit dem Haken eine zweite Leine, ich ziehe sie hoch und er haut sie wieder mit mehreren Schlägen durch. Es ruckelt im Schiff. Doch wir hängen noch in einer dritten Leine, die wir auf die gleiche Weise entzwei schneiden. Geschafft, endlich segeln wir weiter.

Wir sitzen beide noch im Cockpit als zwanzig Minuten später wieder ein Ruck durch die Muscat zieht. Die Geschwindigkeit zeigt wieder 0 Knoten! Sofort drehen wir um 180 Grad und wenden. Tatsächlich gleitet Muscat langsam aus dem Netz! Glück gehabt!! Jetzt nehmen wir nicht wieder unseren alten Kurs nach Westen auf, sondern halten Kurs nach Süden, zu den treibenden Fischerbooten. Wir nehmen an, dass vor uns noch einige dieser langen Treibnetze sein könnten und es am sichersten ist, hinter den Fischerbooten vorbei zu segeln. Wir passieren die Fischer in der Nähe, ändern unseren Kurs und gucken angestrengt, ob sich irgendetwas auf den Fischerbooten regt. Nein, die scheinen alle einen tiefen, gesunden Schlaf zu haben!

Die weiteren Tage verlaufen ruhig und gemächlich. Nach 12 Tagen kommen wir in Salalah, Oman an. Wir klarieren ein und möchten Bargeld am Automaten abheben. Doch wo ist unsere Bankkarte. Hat Andi sie wohl vor drei Wochen in der Hitze der Abreise in Sri Lanka verloren?