Spanien – Gibraltar

Ahoi.
Unser zweites grosses Etappenziel ist erreicht: Gibraltar, eine der zwei Säulen des Herakles, dem berühmten Felsen, am Ende des Mittelmeeres. Englisch-kitschig-schöne Weihnachtsstimmung umgibt uns im Zentrum, dies bei aussergewöhnlich kalten Temperaturen (morgens 7 Grad Celsius), aber meist Sonnenschein. So ist auch schon auf der Muscat die Weihnachtsstimmung ausgebrochen und wir haben fleissig Guetzli gebacken und so auch gleich unseren Petrolofen definitiv eingeweiht und Muscat auf Tropenhitze aufgeheizt. Eigentlich hätten einige der exclusiven Muscat-Guetzli noch in anderer Leute Münder den Weg finden sollen, sind aber innert zwei Tage auf unerklärliche Weise verschwunden. Auch unser Kokos-Bananen-Dattelbrot hat sehr geschmeckt, darum unten noch das Rezept dazu. Bis anfangs Dezember werden wir die Zeit vor allem nutzen, um Muscat auf Vordermann zu bringen, d.h. Grossreinigung, Reparaturen, Installationen (Salzwasserpumpe/Entsalzungsanlage, EPIRB, Sonnendach, u.v.m.) So herrscht emsiges Treiben, doch lassen wir es uns auch nicht nehmen, Gibraltar zu erforschen. Bei schönstem Wetter waren wir auf Europa Point und haben Afrika gesichtet, die berühmten Makaken-Affen gefüttert, die Tunnels begutachtet (Der Felsen ist durchlöchert wie ein Emmentaler-Käse) sowie die schöne Tropfsteinhöhle St. Michael. Aber nun der Reihe nach:

Balearen

Mallorca überrascht uns positiv. Nicht ganz so schön wie Menorca, aber mit einer schönen wilden Landschaft im Norden der Insel, die zum baden, erforschen und wandern (was uns mit unseren zwei Kindern leider unmöglich war) einlädt. Hier erwarten wir willkommenen Besuch von Omi, Opi und Severin, Yanik’s Cousin. Eigentlich haben wir vor, ein paar Schläge zusammen weiter zu segeln, aber exakt mit Ihrer Ankunft setzt ein heftiger Schirokko ein, der erst exakt mit Ihrer Abreise wieder aufhört. So verweilen wir an einigermassen windstillen Sandstränden und besuchen schöne Orte. Die Woche verfliegt im Nu, und wir bereiten uns wieder für die Weiterfahrt vor, zusammen mit Tanja und Marc auf Ihrer Wibbelwapp, der Nordküste entlang Richtung Ibiza. Unsere erste Etappe nach Sollèr ist ideal, Windstärke 3-4 von achtern lässt uns alle Segel setzen und als der Wind auf Windstärke 7 auffrischt, erreichen wir bis zu 10.5 Knoten (1 kn = 1.852 km/h). Es bläst ein kalter Ostwind, aber in der Bucht von Sollèr ist es merklich wärmer und gut geschützt. Bevor wir den zweiten Schlag in Angriff nehmen, rattern wir am Morgen im herzigen offenen Trämli vom Hafen Sollèr in den Ort hinauf, vorbei an grünen Olivenhainen, Zitronen- und Orangenbäumen und blühenden Büschen.

Nebel

Wibbelwapp fährt eine halbe Stunde früher los als wir. Als wir aus der Bucht kommen, herrscht dichter Nebel an der ganzen Küste. Über UKW-Funk unterhalten sich Andi und Marc auf der Wibbelwapp. Marc hat noch eine Sichtweite von ca. 30 m und schleicht mit Standgas auf einem Kurs leicht von der Küste weg. Wir haben unseren Radar eingeschaltet und nach 45 Minuten treffen wir auf Wibbelwapp. Zusammen fahren wir mit normaler Geschwindigkeit mit Hilfe des Radars weiter. Bei der Umrundung der letzten Insel kurz vor Andraix sehen wir auf dem Radar viele andere Schiffe. Aber offensichtlich haben auch sie einen Radar. Auf jeden Fall kommen wir problemlos aneinander vorbei und ein paar Minuten später ist der ganze Spuk vorbei und in strahlendem Sonnenschein sehen wir die vielen Fischerboote, die um uns rumfahren. Startklar am nächsten Abend, 22.00 Uhr ziehen wir bei ruhigem Wetter los. Funk sei Dank, es wird uns nicht langweilig, da wir fleissig mit Wippelwapp palavern können. „Welches ist der Grosse Wagen? Sirius? Hast Du den Leuchtturm schon gesichtet?…) Wir erreichen Ibiza vor dem Mittag und ankern bei Schwell in einer unruhigen Bucht von Ibiza, die aber zum Schwimmen, Unterwasserschiff reinigen und natürlich zum Anker-Trunk einlädt, bevor wir morgens nach San Antonio und schliesslich weiter nach Moraira an der Spanischen Küste fahren.

Costa Blanca

Moraira hat uns mit dem fast autofreien Zentrum gut gefallen, so ziehen wir erst 2 Tage später weiter gen Süden, nachdem auch das Schiff wieder glänzt. Mit schönen ruhigen Orten ist es aber vorbei. Manhattan-like sieht ein Ort nach dem anderen aus, ausgestorben wie Torrevieja, unfreundlich wie Santa Pola. Einzig Villajoyosa, 4 Meilen südwestlich der Wolkenkratzer von Benidorm lädt zum Verweilen ein. Villajoyosa hat sich die typische traditionelle Bauweise der Costa Blanca erhalten, mit bunt verputzten Häuserfassaden und kleinen schmiedeisernen Balkonen. Villajoyosa ist Spaniens Schokoladenstadt. Abends sitzen die Einwohner vor den Häusern, spielen, palavern und singen. Und, für uns nicht unwichtig, es hat für Gross und Klein schöne und fantasievolle Spielplätze.

Costa Càlida

Mazarròn lädt mit seiner belebten Promenade sehr zu einem Abendspaziergang ein, doch wimmelt es in der Bucht von Untiefen, so ziehen wir es vor, um das Kap in den Sportboothafen zu fahren. Am Morgen machen wir uns zum Einkaufen auf. Die Stadt ist wie leergefegt. Welcher Tag ist den eigentlich heute?? Sonntag! Aber doch, da! Eine Frau mit Plastiksäcken! Was heisst schon Sonntag in Spanien! Auf jeden Fall finden wir den offenen Supermarkt und kaufen alles ein, was unsere Herzen begehren, inkl. dem schon lange ausstehenden (selbstgefangenem) Fisch. Tips zum Fisch fangen, nehmen wir übrigens gerne entgegen. In Aguilas kommt Yanik auf der Chilbi wieder mal auf seine Rechnung, inklusive interessantem labyrinthartigem Treppensteigen zur hoch über der Stadt gebauten Windmühle. Die Küste heisst hier südlich Costa Càlida – heisse Küste. Im Sommer soll es der heisseste Flecken in Spanien sein, jetzt im Winter ist es angenehm warm. Die Landschaft mutet schon afrikanisch an, mit hohen Palmen und trockenen, braunen Gebirgszügen, die sich vor allem abends in allen Brauntönen vom blauen Himmel abheben. Bis zur Cabo de Gato fahren wir gen Süden, dann wieder westlich in die Alboran-See, wo der Westwind uns zu schaffen machen könnte. Doch das gute Wetter mit Ostwind hält an.

Kursablenkung

Unsere Fahrten verlaufen ruhig, ab und zu hat es genug Wind zu segeln, meist müssen wir motoren. Wir spielen, navigieren und lesen, ab und zu sichten wir Delfine. Dann verzieht sich einer in seine Koje für ein Nickerchen, diesmal Andi. Yanik muss auf’s Klo, driiiiingend, ich bücke mich, um seine Hosen runter zu ziehen, komme in Schräglage, halte mich fest, werfe einen Blick auf den Kompass, der Kurs stimmt, ziehe also weiter driiiingend Hosen runter, helfe Yanik wieder runter und halte Ausschau. Fabien plärrt, er ist aufgewacht. Hää? Da stimmt doch etwas mit der Landschaft nicht. Ein Blick auf den Kompass. Doch, der Kurs stimmt. Ich nehme den Autopilot raus, und kehre um 180? mit dem Schiff. So, die Landschaft und Richtung stimmt wieder. Der Kurs auch immer noch. Andi glaubt es erst kaum, ja, träume ich oder fehlt es mir jetzt endgültig irdendwo???? Erst als wir später erfahren, dass die Gegend reich an Erzen ist, ist uns klar, dass der Kompass eine Ablenkung hatte, ich war wieder rehabilitiert.

Feinschmecker-Fische

In San José pfeifft es zwar recht um unsere Wanten, was uns nicht vom sändelen am langen weissen Strand abhält. San José ist vor allem in der Feriensaison lebendig, jetzt schläft der kleine Ort vor sich hin. Wir geniessen den hübschen kleinen Hafen vor einer grossen roten Felswand. Als ich vom Fischer neben Muscat noch vor dem Frühstück Fisch abkaufen möchte, schenkt er mir gleich ein meterlanges Ungetüm. „Nein danke,“ der passt nicht in meine Pfanne. Wie soll ich den nur zubereiten??“ „Kein Problem, hinter dem Kopf abhacken und bis zur Mitte filetieren. Den Schwanz und Kopf zur Suppe verkochen, mit Tomaten“, meinen alle 3 Fischer einstimmig. Ich schlucke leer, leicht angeekelt. Was tun? Den Fischer möchte ich keinesfalls beileidigen. Zudem meint Andi, er hätte schon mal gerne Fisch. Na dann, ich hole also mein schärfstes Tranchiermesser, schuppe den Fisch, nehme ihn aus, hacke den Kopf und den Schwanz ab, filetiere, säubere alles und verpacke Kopf und Schwanz im zweifachen Plastiksack und lege ihn in den Kühlschrank. Nach getaner Arbeit setze ich mich endlich an unseren Frühstückstisch, doch der Appetit will sich nicht mehr recht einstellen. Aber zum Mittagessen haben uns die Filets wunderbar geschmeckt.

Costa del Sol

Die Kapumrundung Cabo de Gato war tadellos. Nun sind wir gespannt auf die fruchtbare grüne Landschaft an Spanien’s Südküste. Statt grünen Wiesen oder Plantagen machen wir kilometerlange Plastikdächer der Treibhäuser aus. Hier kommen also alle unsere Hors Sol Produkte aus Spanien her. Die höchsten Gebirgszüge Spaniens erheben sich im Hintergrund.
Neugierig fahren wir in Almerimar, dem günstigsten Hafen neben Aquadulce und Winterquartier vieler Fahrtensegler, ein. Wir fahren Parade, ich mit Fabien auf dem Arm am Bug, Andi und Yanik im Cockpit, durch aller Welten Yachten mit winkenden Yachties. Sofort sind Helfer an der Pier und schon sind wir mitten im Palavern. Die Gelegenheit um sich bei Monique aus Frankreich nach der Zubereitung von Fischsuppe zu erkundigen. Suppe mit Fisch, Gemüse und Gewürzen zubereiten, danach den Fischkopf und den gerätereichen -Schwanz ganz fest zweimal durch ein Tuch pressen. O je, durch meine sauberen Abtrocknungstücher pressen??? Im Schiff??? Es überzeugt mich nicht. Zum Kochen ist es jetzt sowieso zu spät, es gibt ein kaltes Abendessen. Aber hier könnte auch ich überwintern, doch wir möchten das gute Wetter nutzen und schnell weiter.

Motril wäre der ideale Ausgangspunkt für unsere geplante Reise nach Granada. Wir gehen vor Anker. Noch immer habe ich einen schleimigen Fischkopf und 40 cm -Schwanz im Kühlschrank. Hat der eigentlich Zähne gehabt? Ich drücke am Kiefer, er öffnet sich leicht, ich halte meinen Finger rein um ihn aufzudrücken, er klappt zu, Aua. „Jetzt versenke ich den Fisch, mindestens aber den Kopf.“ „Schade“, meint Andi. Okay, Okay, viel kann nicht passieren, wenn ich die Suppe versuche zubereiten, Notfalls schmeissen wir Suppe über Bord. Ich dünste also Zwiebel und Knobli an, lege den Fischkopf und -Schwanz (in Stücke zerhackt) sowie die Tomaten in die Pfanne, lösche das ganze mit Wein (!) ab, gebe Bouillon dazu und koche sie eine halbe Stunde im Duro. Sie schmeckt suuuuuper. Wir essen alles bis auf den ausgekochten Fisch auf.

Granada – Alhambra

Der Wind bläst am Morgen zu stark als dass wir in diesem nach Osten offenen Hafen Muscat einen Tag alleine lassen würden. Man weiss ja nie, plötzlich hält der Anker nicht mehr. Wir segeln nachmittags einen kurzen Schlag nach Punta del Este einer Bijou-Marine und mieten am nächsten Morgen ein kleines Auto für den Tagesausflug nach Granada in die Alhambra. Unsere Fahrt führt uns an fruchtbaren Zitrus- und Zuckerrohr-Plantagen vorbei, durch eine Schlucht, die an den Vorderrhein erinnert, hinauf in die Hügel mit grossartiger Aussicht. In Granada ist es eisig kalt, ich bin froh, dass ich mind. für die Kinder genügend Kleider mitgenommen habe. In der Palaststadt Alhambra residierten mitten in Spanien vom 13. bis 15 Jahrhundert die letzten maurischen Sultane mit Ihrem Harem, Hofstaat, Militär und Untertanen, die es für eine Selbstversorgung braucht. Es gibt wunderschöne Gebäude im maurischen Stil und Gärten zu bewundern. Zudem haben wir eine grandiose Sicht auf die frisch verschneite Sierra Nevada.
Nun, Gibraltar ruft, wir legen jeweils morgens früh ab, legen unsere Tagesstrecke zurück und spazieren abends noch herum, was in Marbella erwähnenswehrt schön war, mitten in Hotelanlagen, mit Läden, Cafeterìa und Spielplatz. Doch den berühmten Felsen haben wir schon längst gesichtet, Tümmler begleiten uns auf dem letzten Stück Mittelmeer und voller Freude fahren wir in die Bucht von Gibraltar ein und begeben uns mit ganzer Familie zum Einklarieren an den Zoll. Obwohl die Sheppard’s Marina voll ist und wir bei Marina Bay anlegen, scheint der Hafen leer gefegt zu sein, kein Wunder bei dem erstklassigen Ostwind, den wir in den letzten Wochen hatten, so sind wohl die meisten schon Richtung Kanaren losgesegelt.