Basel bis Südfrankreich

Ahoi! Ihr habt wohl alle schon gedacht, wir wären verschollen? Oder sind abgereist und haben Euch auch gleich vergessen?

Nichts dergleichen! Nun sind wir schon über sechs Wochen unterwegs. Davon war die Abreise eindeutig am schwierigsten. Klar, dass dabei alles drunter und drüber ging. Dazu kam noch Andis Grippe am Tag des Schifftransportes von Teufen nach Basel, ein Motorausfall auf dem Rhein dessen Folge mein zertrümmerter Zehenknochen und Verlust des Zehennagels war, ein klemmender Gaszug als Ursache für unsere erste grosse Beule am schönen Schiffsrumpf, Verlust der Saling und noch anderer Kleinigkeiten. Trotzdem schafften wir es. Diese Probleme sind behoben, dazu kamen auf unsere Reise neue, die wir auch behoben haben.

Ende Juli reisten wir schliesslich über den Rhein-Rhone Kanal ab Richtung Süden. Mit den ersten hundert Schleusen erarbeiteten wir Höhenmeter über den wunderschönen grünen französischen Jura. Sportliche Höchstleistungen waren angesagt, als wir im Abstand von 50 m – 100 m die grössten Höhenmeter gewannen, was aber auch hiess, in jede der Schleuse exakt einzufahren, die Leitern hochklettern, die Leinen zu belegen, nach der Schleusung wieder zu lösen, aufs Schiff aufspringen und 50 m weiter wieder alles von vorne. Das Tempo dieser Reiseetappe entsprach etwa derjenigen eines Wanderers. Da genossen wir jeweils die schöne hügelige Landschaft, die kleinen französischen Dörfer und die familiäre Atmosphäre an den Schleusen.

In Montreux Château ging es wieder den Berg hinunter. Die Schleusen wurden weniger, dafür ein bisschen höher. Der Doubs wurde wilder. Beeindruckt waren wir von der Infrastruktur dieser riesigen Wasserstrasse. Wir überquerten via Aquädukt den wilden Doubs, liessen uns in Kanäle und zurück auf den natürlichen Flusslauf leiten und fuhren durch Tunnels unter dem Berg durch. Dole und Besançon sind auf jeden Fall einen Besuch wert!

In Saint-Jean-de-Losne erreichen wir die Saône. Wir legen einen Zwischenhalt von 3 Tagen ein und erledigen anstehende Arbeiten am Schiff. Da alles so schön rund läuft und das Meer ruft, fahren wir zügig durch das schöne Beaujolais, mit kurzen Halten in Chalon s/Saône, Macôn (wo übrigens ein regelrechtes Unwetter über uns Richtung Schweiz hinwegzog) nach Lyon. Lyon überrascht uns mit einer wunderschönen Altstadt und schön beleuchteter nächtlicher Kulisse. Uns passieren jetzt nicht mehr allein Weltreisende oder Feriengäste auf tuckernden Kähnen, sonder stattliche Motorboote auf ihrem Weg zu schönen abgelegenen Badeorten oder eleganten Promenaden. Ein besonders schönes Bijou ist übrigens Viviers. Solltet Ihr einmal der Rhone entlang in den Süden fahren, besucht unbedingt dieses kleine, grüne Dorf mit seinen Bistros und Felsenkulisse!

Nach der grössten aller Schleusen (23m Höhenmeter-Differenz) naht schon Avignons und wir geniessen dort 3 Tage mit allen anderen tausenden Touristen in dieser schönen Stadt. Übrigens dünkt mich das Schleusen einfacher je grösser die Schleusen waren. Vor allem auch wegen den Schwimmpoller, an denen wir Muscat in der Schleuse festmachen konnten und die uns mit nach unten begleiten, so fällt das bei den kleinen Schleusen übliche „Leinenführen“ weg.

Nach Arles erreichen wir zwei Tage später Port St. Louis du Rhone, die letzte Schleuse vor dem Meer. Vor dieser Schleuse legen wir ein letztes Mal in Süsswaser an, setzen unseren Mast und bereiten unsere Muscat in den folgenden 14 Tagen auf das Meer vor.

Auf dem Meer

Endlich ist es soweit. Leicht nervös, aber voll freudiger Erwartung fahren wir am Sonntag, 29.8.99 mit Muscat auf das grosse Meer hinaus. Leider haben wir noch keinen Wind, dafür aber kräftige Kreuzseen, die uns seitlich hin- und her rütteln. Mit Zwischenhalt in Cassis erreichen wir innert zwei Tagen Toulon, wo wir Familie Wettstein an Bord für 2 Ferienwochen begrüssen. Wir geniessen schöne, warme Tage an wunderschönen Sandstränden, die uns zum Baden einladen. Yanik gewöhnt sich sehr schnell an das Baden im Meer, er hat sich inzwischen zu einer wagemutigen Wasserratte gemausert. In der grossen Bucht von Ile de Porcerolles (Insel vor Hyerès) wettern wir unseren ersten Sturm vor Anker ab. Doch schon bald klärt sich wieder der Himmel auf, es ist sofort wieder warm und als wir auch noch das Dinghi (Beiboot) gebändigt haben, hält uns nichts mehr von Strandausflügen ab.

Auf unserem Weg nach Nizza probieren wir dann endlich auch die Segel aus und erreichen voller Stolz bei Wind von 20 Knoten (1 Knoten = 1.852 km) eine Geschwindigkeit von 8,5 Knoten. Muscat reagiert schnell und gleitet sanft durch die Wellen. Doch obwohl wir immer noch viel zum montieren haben, sind wir seit Mitte September gerüstet für eine Übersegelung nach Korsika. Leider folgt nach einer Woche Flaute Süd-Ost Wind, also direkt von Korsika, so müssten wir gegen den Wind motoren, was für eine ca. 5-Stunden- Strecke mühsam und unangenehm wäre. Inzwischen hat uns auch Sturm erreicht, so sitzen wir wahrscheinlich noch bis ca. 22. September hier in St. Laurent du Var, direkt neben Nizza fest. Wir hoffen aber, bei idealem Wind Korsika in der zweiten Wochenhälfte ansteuern zu können, ein bis zwei Wochen die Westküste gen Süden zu segeln und Mitte Oktober die Übersegelung nach Mallorca in Angriff nehmen zu können.