Indonesien

Farbenfrohes Indonesien
Napa, so heißt unser indonesischer Agent, soll unsere Einreiseformalitäten hier in Kupang, Westtimor für Indonesien erledigen. Zufällig sitzt er mit dem Zoll- und Quarantänebeamten zusammen gleich auf unserer Nachbaryacht als wir ihn auf der Funke aufrufen. Zehn Minuten später sitzen nebst Napa gleich noch vier Beamte in unserem Cockpit.

Sie schauen sich interessiert in unserer Yacht um, erledigen die Papiere, lachen, schäkern herum und geniessen ein lauwarmes Sprite. Bis Napa US$ 250 für die Visas verlangt. Für Indonesien benötigen wir ein CAIT, das ist ein Dokument mit einer Segelbewilligung, das wir per E-Mail vor unserer Einreise für eine feste Zeit anfordern und dafür bereits US$ 150 bezahlen mussten. Unser CAIT läuft schon wieder in einem Monat ab, also Ende November. Darum beantragen wir bei Napa ein Touristenvisa für einen Monat, was nach unseren Informationen von der indonesischen Botschaft in Port Moresby, kostenlos wäre. Zu dumm für Napa, so hat er nur Arbeit, aber kein Einkommen. Deshalb verlangt er für das unverlängerbare, einmalige Touristenvisa trotzdem US$ 50 pro Pass. Zunächst herrscht Stille, dann erklären wir ihm lächelnd, dass wir gut informiert sind und zeigen ihm unsere Informationen von der Botschaft und beharren auf einem kostenlosen, einmonatigen Touristenvisa. Napa sieht betrübt aus. “ Ich muss gehen, die Sonne geht unter und es ist Ramadan. Ich komme morgen ohne meine Freunde von Zoll- und Einwanderungsbehörde wieder, dann besprechen wir das noch einmal“, schlägt er vor.

Um neun Uhr am nächsten Morgen steht Napa am Strand und bittet Andi mit allen Papieren zu kommen, er habe einen guten Vorschlag. Er bietet uns jetzt ein zweimonatiges Visa an, die für alle zusammen „nur“ 100 US$ kosten. Zwar können wir wegen dem vom CAIT unseren Aufenthalt nicht ohne nochmals US$150 zu zahlen verlängern, aber wir laufen auch nicht ihn Gefahr, dass unser einfaches, unverlängerbares, einmonatiges Touristenvisa abläuft und wir dann eine hohe Busse bezahlen müssten. Napas Vorschlag ist für uns ein annehmbar. Napa meint, er müsse die Sache jetzt regeln und bringe die Pässe am nächsten Tag zurück. Tatsächlich klappt es, allerdings bringt uns Napa die Pässe erst zwei Tage später. Er jammert, wie oft er zur Einwanderungsbehörde fahren musste und wie viel Rennerei er hatte. Deshalb müsse er nochmals US$ 50 von uns verlangen…

Indonesien ist ein Ansturm auf alle Sinne. Das Leben plusiert hier, man kann es hören, riechen, schmecken und anfassen. Kupang ist eine laute, bewegt Stadt mit Düften wie aus 1001 Nacht. Kleine Busse, genannt Bemos, ausgestattet mit reich geschmückten Front- und Heckscheiben, farbig-flimmernden, elektrischen Lichtschlangen und lauter Technomusik teilen sich mit Hunderten von Motorrädern laut hupend die Strassen. Wir balancieren auf den löchrigen Gehsteigen an überfüllten Läden entlang und erfreuen uns an den beschämend niedrigen Preisen.

Fabien begeistert sich für ein schönes, sonnengelbes Spiderman-T-Shirt mit kurzer Hose dazu, zum Preis von CHF 2.–. Er ist total glücklich darüber und liegt uns fortan mit seiner Freude darüber in den Ohren. „Seht nur, wie farbenfroh es ist. Ihr habt alle immer so langweilige Farben an! Kauft euch auch was Neues! Ihr habt immer die gleichen Kleider an!“ freut er sich tagelang diebisch. Ja, gerne würde ich mir etwas kaufen, aber bei den Damenkleidern in Barbie-Grösse finde ich nichts Passendes.

Zurück in die Vorzeit
bei den urtümlichen Waranen im Komodo Nationalpark Unser nächsten Ziel sind die kleinen Sundainseln. Zu ihnen gehören auch die Inseln Komodo, Rinca und Padar, die Bestandteil des Komodo-Nationalparks sind. Der Nationalpark beheimatet eine sechzig Millionen Jahre alte Spezie der Gattung Echse. Das ca. 3 m lange Tier kann etwa 50 Jahre alt werden. Sie wurden erst 1912 von der Fachwelt entdeckt. Warane jagen unter anderem Ziegen, Schweine und Rehe, die es in grossen Bissen unzerkaut verschlingt. Auf diese Begegnung sind wir besonders neugierig.

Auf der zweitägigen Überfahrt bleibt auch diesmal der Wind fast gänzlich aus. Endlich kommen die friedlichen Buchten dieser wilden Inseln in Sicht. Da frischt der Wind doch noch auf und wir setzen zusätzlich zum Gross den Trekker. Zusammen mit der Strömung rauschen wir mit rasanten 12 (!) Knoten zwischen den Inseln hindurch. Hinter einem Riff geschützt, liegt die idyllische, kleine Insel Rinca, unser Ankerplatz.

Natürlich sind wir gespannt darauf, die Warane zu entdecken, lassen sofort unser Dingi zu Wasser und fahren zur Anlegestelle für die Besucherboote des Nationalparks. Ein paar europäisch aussehende junge Leute sonnen sich auf einem farbigen, indonesischen Holzboot. Aus Vorsicht erkundigen wir uns, wie es nun genau mit der Gefährlichkeit der Warane stehe und wo die Rangerstation liege. Die finnische Reiseleiterin lacht: „Warane liegen nur faul herum, habt keine Sorge! Übrigens liegt da gleich einer vorne vor der Anlegestelle am Eingang.“ Tatsächlich blinzelt uns eine fast drei Meter lange Echse mitten auf dem Pier träge zu. Misstrauisch nehme ich Floris auf den Arm und führe Fabien und Yanik neben mir an dem Waran vorbei. Kaum zu glauben, dass diese träge aussehenden Warane bis zu 10 km/h schnell rennen können. Eine Ziege wäre schnell verschlungen und eigentlich ist Floris ja auch nicht viel grösser als eine kleine Ziege, oder? Ausserdem wurde in den siebziger Jahren ein ausgewachsener Schweizer verschlungen. Ich will es nicht darauf ankommen lassen und die Tradition der gefressenen Schweizer fortsetzen (In den Salomonen wurde vor wenigen Jahren ein Schweizer von einem Krokodil tödlich angefressen). Witzelnd spazieren wir auf einem schönen Weg durch ein Sumpfgebiet und Mangrovendickicht, in dem es immer wieder geheimnisvoll raschelt bis zur Rangerstation. „Wer zuletzt geht, wird zuerst gefressen und niemand wird es merken, bis der erste sich umdreht und ganz alleine ist! Besonders gefährdet sind jene, die farbenfrohe Kleider anhaben, wie du Fabien“! Fabien hat nämlich seinen neuen sonnengelben Dress an, den wir ihm in Kupang gekauft hatten. Niemand will zuletzt gehen. Die Spannung steigt.

Wohlbehalten bei der Rangerstation angekommen melden wir uns für eine geführte Tour durch den Park am nächsten frühen Morgen an. Der Wirt der kleinen Snackbar ruft uns: „Kommt hinter das Haus, da liegt ein grosser Waran unter dem Baum! Aber seid leise und bewegt auch langsam.“

Flucht vor dem hungrigen Waran
Träge blinzelt der dösende Waran uns an. Fabien tänzelt mit seiner leuchtenden Bekleidung aufgeregt hin und her und schwatzt ununterbrochen. Da nützt auch unsere leise, gezischte Aufforderung seinen Mund zu halten nichts. Plötzlich springt der Waran hellwach auf seine vier kurzen, dicken Beine und züngelt eifrig in unsere Richtung. Warane riechen ihre Beute mit ihrer Zunge. Sie sind fähig 80 % von ihrem Eigenwicht, das etwa 90 kg beträgt, auf einmal an Fleisch zu vertilgen. Das erfahren wir jedoch erst aus dem Informationsbuch des Parks. Deshalb denken wir zuerst an einen Scherz, als der Ranger aufgeregt ruft, wir sollen sofort zum Haus zu rennen und uns auf dem ca. 1.60 m erhöhten Boden in Sicherheit zu bringen! Ein Blick in sein Gesicht belehrt mich schnell, dass er es durchaus sehr ernst meint. Ich packe Floris auf meinen Arm und fordere Yanik und Fabien auf ins Haus zu rennen. Sie gucken immer noch interessiert zum Waran. Ich packe sie am T-Shirt und im Nacken und schubse sie vorwärts. Fabien schert aus und läuft ein paar Meter zurück um den Waran besser zu beobachten. Dieser setzt zum Sprint an und wird von Ranger mit einer langen Astgabel im Nacken aufgehalten. Der Ranger ruft aufgeregt zu uns, endlich zum Haus zurück zu kehren. Auch Andi hat inzwischen seine Fotos vom angriffslustigen Waran geknipst und hilft mit, die Kinder in Sicherheit zu bringen.

Heil oben angekommen, müssen wir einfach loslachen. Der Ranger wirft immer wieder kleine Gegenstände unter den Hausboden, um zu sehen, ob der Waran darauf losgeht. Jedes Jahr kommen Hunderte von Touristen her, also was soll den hier gefährlich sein? „Meistens sind die Drachen gesättigt und dann auch harmlos. Aber wenn ein Drache eben so richtig Hunger hat, muss man schon aufpassen. Das zu erkennen und einzuschätzen ist unsere Aufgabe“, erklärt uns der Ranger.

Wir warten noch eine ganze Weile, bis wir wieder zurück zum Dingi schleichen, jetzt mit einer langen Astgabel bewaffnet. Am Abend lesen wir in dem übersichtlichen, informativen Buch des Komodo Nationalparks. Dort erfahren wir, dass auf den drei Hauptinseln, die zum Nationalpark gehören, neben Menschen, die urtümlichen Warane, Wasserbüffel, Makakenaffen, Wildpferden, Wildschweinen, Hirschen und vielen anderen Tieren leben.

Spaziergang im „Jurassic Park“
Morgens um sieben Uhr starten wir zu unserer geführten Tour durch den Park. Ich bewaffne mich mit einer Astgabel, obwohl der Ranger meint, dass die für sie reserviert seien und ich ihm voll vertrauen könne. Vertrauen ist gut, aber schliesslich sind es meine Kinder, die ich im Ernstfall wild verteidigen würde. Dagegen hat er nichts mehr einzuwenden. Schon nach ein paar Metern liegt die erste Echse mitten auf dem einzigen, kleinen Holzsteg, der über einen Graben führt. Ein Schubs des Rangers mit der Astgabel in die Beine veranlasst den Waran sich langsam wegzubewegen.

Plötzlich hören wir einen durchdringenden, lauten, jammernden Schrei, der sich immer wiederholt und uns durch Mark und Bein geht! Was geht hier vor? Greift ein hungriger Waran einen Hirsch an? Wir lauschen und pirschen uns in die Richtung des Jammerns und Schreiens. „Ich muss ganz schnell zurück zur Rangerstation. Ihr dürft nicht alleine weiter gehen! Ich komme gleich wieder“, erklärt der Ranger und rennt zurück. So stehen wir „alleine gelassen“ im tropischen Wald auf einer sonnigen Lichtung. Wie hungrig sind die Drachen? Werden wir schon beobachtet? Wo sie sich wohl alle versteckt halten? Wir warten. Nach einigen Minuten verkünde ich, dass wir besser 50 m weiter in den Schatten gehen, da wir sonst sicher einen Sonnenstich haben werden. Die Kinder reagieren sehr empört. Ihre Fantasie scheint auf Hochtouren zu arbeiten und das gestrige Erlebnis wirkt nach.

„Der Ranger hat gesagt, dass wir nicht von hier weg dürfen. Wenn da vorne der hungrige Waran lauert?“ „Nun, wenn wir hier bleiben, bekommen wir ganz sicher einen Sonnenstich, aber dass ich auf den nächsten 50 m gefressen werde, ist doch ziemlich unwahrscheinlich, oder nicht?“ frage ich und marschiere los.

Alles bleibt ruhig, so folgen mir alle in den Schatten. Es raschelt da und dort und immer wieder jammert das unbekannte Tier in einiger ? Entfernung/ in der Nähe?. Nach 20 Minuten ist der Ranger immer noch nicht zurück. Ob wir nicht besser mal nachgucken gehen, was da vorne so vor sich geht? Schliesslich tönt es ja ziemlich interessant, nicht? Aber meine Familie ist nicht vom Fleck zu bewegen. Langsam wird es langweilig und ich frage Andi, wie lange er noch auf den Ranger zu warten gedenke und warum der wohl nicht auftauche?
„Tja, du hast ja auch den Film „Jurassic Parc“ gesehen, nicht? Da waren die Leute auch plötzlich alleine im Dschungel“! (Und es wurden ziemlich viele von Dinosaurier brutal gefressen!) Jetzt wollen Fabien und Yanik natürlich wissen, was in dem Film passiert ist. Andi erzählt ihnen davon, für meinen Geschmack ein bisschen zu ausführlich und zu bildhaft, wenn man bedenkt, in welcher Situation wir uns befinden. Endlich taucht der Ranger dann doch wieder auf und gemeinsam folgen wir dem inzwischen weiter entfernten Schreien. Wir pirschen durch den Wald und stöbern eine Wildsau, Affen, Büffel und einen Hund auf, allesamt friedlich und unverletzt. Wir nehmen an, dass die Unruhe von einem wildernden Hund verursacht wurde, der ein Reh verletzt hat.

Wir kommen zu einem grossen kahlen Fleck in warmer Erde, der ein Waran-Nest verrät. Das Muttertier vergräbt etwa 20 Eier in tiefe Mulden und gräbt weitere tiefe Mulden, die leer bleiben. Diese sollen den räubernden fremden Waranen das Finden der Eier unmöglich machen. Solange die Jungen nicht ausgeschlüpft sind, bewacht das Muttertier ihr Nest aggressiv. Sind die Jungen ausgeschlüpft, kümmert sie sich nicht mehr um sie. Die Jungen verbringen ihre ersten zwei Lebensjahre auf den Bäumen und ernähren sich von allerlei Kleintieren, bevor sie zu Jägern auf dem Erdboden werden. Wo ist nun die Mutter? Wahrscheinlich auf Futtersuche, da sich Warane nur am Morgen und am Abend bewegen. Tagsüber ist ihnen als Kaltblütler zu heiss, nachts zu kalt.

In einer Waldlichtung liegt ein weiterer Waran und guckt träge vor sich hin. Er sieht satt aus. Wir stellen uns artig auf Anweisung des Ranger hinter das Tier, der sich sogar an der Schwanzspitze anfassen lässt und lassen ein Erinnerungsfoto von uns schiessen.

Nach diesem interessanten, kurzweiligen Rundgang, finden wir uns schliesslich wieder beim Ausgangsort ein. Wir laden unseren Führer zu einer Cola ein. Nun, möchte ich aber doch noch wissen, warum er so eilig zurück gerannt war. Musste er jemanden holen, der dieser Sache nachging? Was denkt er, ist genau passiert, als das Tier so geschrieen hatte? „Ach, ich wollte nur meinem Kollegen von dem Geschrei berichten, damit auch er seine Führung spannender gestalten konnte.“

Wir spazieren zurück in unsere beschauliche Bucht zur „Muscat“. Baden getrauen wir uns allerdings nicht, Warane sind nämlich ausgezeichnete Schwimmer! So hieven wir den Anker und fahren zum nächsten, nahe gelegenen, grösseren Ort auf der Insel Flores.

Entlang der Sunda-Inseln nach Lombok
Auf dem Markt versorgen wir uns mit frischen Früchten und Gemüse und machen uns auf in Richtung Bali. Hohe Hügelzüge und imposante Vulkane bieten backbord ein kurzweiliges Panorama der Insel Sumbawa. Auf einer steuerbord liegenden Vulkaninsel funkeln glühende Lavaströmen an den Hängen. Es ist wunderschön und beeindruckend. Auf der nördlichen Landsptitze ist der Vulkan Mt. Tambora mit 2821 Metern Höhe gelegen. Im Jahr 1815 gabe es eine Eruption, danach sank der Vulkan von 4300 Metern auf seine heutige Höhe. 90 000 Menschen starben bei dieser Katastrophe. Als Konsequenz ging das Jahr 1816 weltweit als „sommerloses“ Jahr in die Geschichte ein, denn die Aschewolken hatten den Himmel verdunkelt. Selbst in Europa kam es zu grossen Hungersnöten.

Die Flaute wird von Böen bis 35 Knoten, die die hohen, steilen Hänge hinunter wehen unterbrochen und erfordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Die Strömung ist gegen uns. Es bauen sich spritzige, kurze, steile Wellen auf. Unsere Fahrgeschwindigkeit ist bei voller Motorleistung meist unter vier Knoten und fällt sogar bis unter zwei Knoten. Wir bleiben in einem Fischernetz hängen und können den Fischer mit unserem ganzen Charme und grosszügiger, finanzieller Entschädigung kaum besänftigen. Später zieht ein Wal Wasser ausblasend in einiger Entfernung an uns vorbei.

Endlich erreichen wir in die Meeresstrasse zwischen Bali und Lombok. Die Lombokstraße ist mit ihren 60 km Länge relativ klein und unwichtig auf der Welt, doch prallen hier zwei Erdplatten aufeinander, mit ganz verschiedener Flora und Fauna. Lombok gehört zur australischen, Bali zur asiatischen Landplatte. Diese kleinen, nahe bei einander liegenden Inseln waren also nie verbunden und immer durch den 1.200 m tiefen Meeresgraben getrennt, der Wallace-Linie genannt wird. Vor etwa 15.000 Jahren lag der Meeresspiegel hier um rund 200 m tiefer. Damals waren an dieser Stelle unter anderem noch die Landmassen von Australien und Papua Neu Guinea miteinander verbunden.

Der Wind und die Wellen kommen genau von vorne, unser Tempo ist bei fast Null. Wir haben genug und es macht uns wenig Sinn dagegen zu bolzen. Wir nehmen Kurs auf die kleine Insel Air, vor der wir den Anker ins smaragdgrüne Wasser auf sandigen Boden eingraben lassen.

Zur Entspannung nach Gili Air
Gili Air ist genau das, was wir jetzt brauchen. Wir lassen die Seele baumeln, sitzen wie Maharadschas und Maharani auf den dicken Kissen einer lauschigen Holzveranda unter einem luftigen Strohdach und essen für einen geringen Preis feine indonesische Leckereien. Die einstündige Massage für CHF 3.50 lockert unsere verspannten Nacken und Muskulatur. Yanik und Fabien surfen auf den Wellen am Strand. Alle sind glücklich und zufrieden. Wir geniessen die Idylle drei Tage lang, bis endlich der Wind nachzulassen scheint. Damit wir mit der Meeresströmung segeln können, berechnen die Tide und fahren los in Richtung Bali. Schwer geht unterm Kiel die graue See. Kaum sind wir aus der Windabdeckung der Insel heraus, bolzen wir gegen 25 Knoten Wind und steile Wellen an. Der Motor stottert, also ist der Dieseltank schon zu leer, um bei dieser Schaukelei den Motor noch länger genügend zu versorgen. Wir drehen um und segeln schnell und ruhig nach Lombok. Die Wallace-Linie ist für uns nicht überwindbar.

In einer kleinen Bucht der Insel Lombok, gleich neben Gili Air, lassen wir neben ein paar Fischerbooten wieder den Anker fallen. Andi macht sich auf die Suche nach einer Dieseltankstelle und lernt Abdul kennen. Abdul fährt Andi mit seinem Motorrad sofort zur nächsten Tankstelle und organisiert gleich eine grössere Lieferung Diesel bis zum Sandstrand, abgefüllt in handlichen Kanistern.

Entdeckungsfahrt im schönen Lombok
Der Wind hält in den nächsten Tagen weiter an. Also unternehmen wir mit Abdul eine unterhaltsame und sehr interessante Reise mit dem Auto, inkl. Fahrer über die muslimische Insel Lombok, die vom Sasak-Volk bewohnt ist. Obwohl sie wunderschön ist und fast eben soviel wie Bali zu bieten hat, schafft sie es nicht aus dem Schatten der erfolgreichen Schwesterinsel Bali heraus zu treten. Die Reise führt uns zu auf dem Boden sitzenden Frauen, die aus Gras Strohdächer binden. Auf einer Erdnussplantage graben die Menschen in der brütenden Hitze von Hand Erdnüsse aus der Erde, waschen und sortieren sie. Die grossen Erdnüsse sind für den Export bestimmt, die kleinen für Indonesien. Jeder von uns erhält einen Bund frischer Erdnüsse mit auf den Weg. Sie schmecken wunderbar. Am Strassenrand füttern wir kleine Makakenaffen mit den übrig gebliebenen, kleinsten Erdnüsschen.

Im Weber-Dorf, im Süden Lomboks, werden edle Stoffe mit traditionellen Mustern mit filigranen Gold- und Silberfäden verziert gewoben. Junge Frauen sitzen an einfachen hölzernen Webrahmen im Freien auf dem Boden. Die Töpferei ist eine Gemeinschaft von vielen Töpferinnen. Wir dürfen uns selber an der Töpferscheibe versuchen, bevor wir eine Kleinigkeit aus dem riesigen Sortiment kaufen. Wir fahren vorbei an wunderschönen Moscheen, wo die Männer in ihrer traditionellen Kleidung gerade das Gebet beendet haben und auf dem Rückweg mit dem Gebetsteppich unterm Arm den Strassenverkehr zum Erliegen bringen.

Eine Motorradfahrt ist lustig….
Unser Zeitplan und unser CAIT lässt währenddessen nicht mehr zu, dass wir noch länger abwarten, bis vielleicht der Wind genügend nachlässt oder sogar die Richtung ändert und wir nach Bali segeln könnten. Wir überlegen uns, mit dem Rucksack eine dreitägige Tour nach Bali zu unternehmen. Bali wäre nämlich auch einfach mit der Fähre zu erreichen. Der Rucksack liegt schon gepackt bereit für die frühe Abreise am Morgen, als wir beschliessen, nicht auf Biegen und Brechen Bali zu erzwingen und uns stattdessen einen weiteren ruhigen Tag zu gönnen. Die Kinder wünschen sich nichts mehr als in einem ordinären Hotel-Swimmingpool zu baden. Auch wir spüren, so machen wir uns auf zum Strand von Sengiggi. Am Strand werden wir sofort von etlichen Händlern bestürmt, also verziehen wir uns in einen ruhigeren Hotelkomplex mit schönem Swimmingpool. Dort erhalten wir für ein geringes Entgelt saubere Badetücher und werden als Gäste willkommen geheissen.

Am Abend versuchen wir einen Bus zu finden, der uns zurück zum Strand bringt, vor dem „Muscat“ liegt. Nur einer ist zu finden, aber der Fahrer verlangt einen hohen Fantasiepreis für die Fahrt. Ein Motorradfahrer eilt herbei und bietet an, dass er zum „normalen“ Buspreis uns alle fünf heimfährt.

– „Wir sind eine fünfköpfige Familie mit einem Rucksack und haben doch nicht Platz auf einem Motorrad“; lehnen wir sein Angebot ab. Er bleibt hartnäckig.
– „Ich und mein Freund fahren sie mit zwei Motorrädern zurück, keine Sorge“, meint er.
– „Hören Sie“, sage ich noch einmal, „das ist unmöglich, zeigen sie uns mal, wie wir zu fünft auf diesem kleinen Motorrad Platz finden sollen!“
– „Also nehmen sie Platz“ sagt er.

Fabien setzt sich also vorne auf den Tank, dann kommt der Fahrer, hinter ihm eingeklemmt Floris und schliesslich Andi mit dem Rucksack am Rücken. Ich setze mich mit Yanik auf das zweite Motorrad.
– „Wir fahren ganz vorsichtig, keine Angst“, will er mich beruhigen und düst los.
– „Ja, das will ich auch hoffen, junger Mann,“ antworte ich voll Genuss mit meinen 39 ½ Jahren und als Mutter von 3 Söhnen.

Yanik jammert, er wolle sofort herunter und schliesst die Augen. Ich zweifle an meinem Verstand und meinem Verantwortungsbewusstsein als Mutter. Nie, niemals hätte ich mir vorher vorstellen können, dass ich je meine Kinder, ohne Helme oder andere Sicherheiten mit einem fremden Mann auf ein Motorrad setzen und abfahren würde. Aber es macht richtig Spass und es ist so ungeheuerlich, da muss ich einfach los kichern. Wir kurven der wunderschönen hügeligen Küste auf holprigen, schmalen Strassen entlang. Am Horizont geht die Sonne glutrot hinter dem balinesischen Vulkan unter. Auf den weissen Sandstränden liegen bunte, indonesische Holzboote, Kühe grasen entlang der Strasse, Ziegen und Hühner flüchten davon, Menschen sitzen unter den Bäumen und winken uns. Der Wind lässt meine Haare flattern. Bei den steilen Gefällen jammert Yanik vor mir und schliesst die Augen, bei jeder Steigung befürchte ich, absteigen und womöglich noch schieben zu müssen. Die Strassen sind zum Teil so steil, das wir meinen könnten, wir wären auf einer Achterbahn. Was kümmert es uns, dahinter geht es wieder bergauf und ein bisschen Schwung tut gut. Mein Kichern geht in lautes Lachen über, der Fahrer scheint darüber ein wenig irritiert zu sein und stimmt schliesslich in mein Lachen ein. „Ist alle in Ordnung, Lady?“ fragt er besorgt. „Ja, alles ist in Ordnung, ich freue mich ganz einfach darüber, wie herrlich es ist, so frech und unbeschwert mit dem Motorrad zu fahren!“ Inzwischen jauchzt auch Yanik mit. In meinen Augenwinkel sehe ich, dass Andi mit dem Motorrad nicht mehr hinter uns ist, ich getraue mich aber nicht, mich umzukehren, aus Angst das Motorrad aus dem Gleichgewicht zu bringen. Schon bald hören wir Fabien von hinten lachen und rufen, sie wären nur schnell tanken gewesen. Schon brausen sie mit dem kleinen, schlafenden Floris, der zwischen dem Fahrer und Andi eingeklemmt ist, an uns vorbei. Unser Gelächter überstimmt sicher den Motorenlärm! Strahlend, plappernd und lachend kommen wir ganz heil und glücklich an und sind hell begeistert!

In der Java See ist nachts die Rush hour
Wir haben nur noch 14 Tage, dann läuft unser Segelbewilligung (CAIT) für Indonesien aus. In dieser Zeit möchten wir noch den Nationalpark Tanjung Puting im Süden Borneos besuchen. 500 Seemeilen liegen ausserdem bis Singapur vor uns. Deshalb beschliessen wir, auf den Besuch in Bali zu verzichten und segeln los in Richtung Borneo. Es läuft tadellos unter Segeln durch die Meeresstrasse und vorbei an der Nordost-Küste Balis in Richtung Nordwesten. Doch dann wieder das bekannte Phänomen: Kaum sind wir genügend weit vom Land entfernt, schläft der Wind ein. Wieder haben wir die Strömung gegen uns, aber die See ist glatt. Die Nacht bricht herein. Um uns herum leuchten viele helle, weisse Lichter von kleinen Fischerbooten. Diese Holzboote fahren ohne die üblichen Positionslichter und geben nur ab und zu mit Taschenlampen Signale. Wir schalten zur Sicherheit das Radar ein, müssen aber feststellen, dass die kleinen Holzboote öfters nicht auf dem Radar sichtbar sind!

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Unsere ganze Aufmerksamkeit ist verlangt. Plötzlich sehe ich nur wenige Meter auf steuerbord ein grösseres Fischerboot auf Kollisionskurs schnell auf uns zukommen. Ich ändere sofort den Kurs und drossle das Tempo. Das Fischerboot ändert auch den Kurs, so bleiben wir aber weiter auf Kollisionskurs. Was soll ich tun? Ich ändere noch einmal den Kurs, das Fischerboot auch. Was soll das? Ich weiss, dass wir uns in Piratengewässern befinden. Soll das hier ein Überfall werden? Das Fischerboot gibt mit hellen Scheinwerfern Leuchtzeichen. Ich rufe Andi! Endlich hat der Fischer nur wenige Meter vor uns beigedreht. Das Boot ist nun hell beleuchtet, stampft in den Wellen, weisse Gischt schäumt auf den Seiten. Ich drehe ganz nach steuerbord ab, das Fischerboot nach backbord. Uff, das ging ja noch einmal gut! Wo kam das Fischerboot eigentlich so plötzlich her? Hatte es kein Licht an? Waren wir nicht aufmerksam genug, oder war es ein erfolgloser Fischer aus dem hinduistischen Bali, der seine „bösen“ Geister auf unser Schiff werfen wollte? Darüber wird in unserem Segelführer berichtet. Nun peile ich alle Schiffe genauestens auf ihren Kurs. Manchmal scheint es, als gäbe es kaum ein Durchkommen durch die am Horizont aufblinkenden Lichterketten ganzer Flotten von Fischerbooten.

Des Segelns müde
Es ist eine anstrengende zweitägige Überfahrt von Lombok nach Borneo. Wir sind müde und alle haben das Gefühl genug vom Segeln zu haben. Zudem ist unser Budget durch unvorgesehene Ausgaben arg strapaziert und die Finanzen sind im nächsten Jahr nicht so gut wie geplant. Dies alles bedrückt uns. Wir diskutieren viel und beschliessen schliesslich „Muscat“ in Singapur zum sofortigen Verkauf auszuschreiben. Sollte sich bis Mitte Januar ein ernsthafter Interessent einstellen, würden wir sie auf der Stelle verkaufen. Die vor uns liegenden langen Segeletappen bis ins Mittelmeer würden „ins Wasser fallen“ und stattdessen könnten wir in Ruhe das tolle Segelgebiet in Thailand und Malaysia geniessen. Sollte sich kein Käufer einstellen, gehen wir unseren geplanten Weg weiter und verkaufen „Muscat“ wie vorgesehen in Europa. Fortan schreiben wir auf unserer „Freiwache“ die Verkaufsunterlagen…

Besuch bei den Orang Utans im Nationalpark in Borneo
Das Meerwasser ist seit Bali smaragdgrün und selten tiefer als 30 m. Wir freuen uns, als Borneo in Sicht ist. Das Wasser wird immer brauner, kleine Frachtschiffe passieren die „Muscat“. Wir fahren den weiten, braunen Kumai Fluss bis zum Ort Kumai hinauf und ankern auf der gegenüberliegenden Seite.

Es dauert nicht lange, taucht der erste Gast auf, stellt sich als Adi vor. Er organisiert Touren in den Nationalpark Tanjung Putang, wo versucht wird die letzten, stark gefährdeten Orang Utans zu retten. Orang Utans brauchen eine intakte Umwelt um überleben zu können. Holzschlag und der Handel mit Jungtieren haben den Bestand auf Borneo in den letzten 20 Jahren um 80 % dezimiert. Um ein Jungtier zu fangen, muss die Mutter vom Baum geschossen werden. Dabei kommt meist auch das Jungtier durch den Sturz von den hohen Bäumen um. So kommen auf ein gefangenes Tier im Durchschnitt etwa acht getötete Tiere. Die geschützten und akut vom Aussterben bedrohten Orang Utans sind eine begehrte und teure Handelsware trotz Artenschutz. Wird solch ein Handel von den Behörden aufgedeckt, so wird das Tier beschlagnahmt und kommt in die Affenstation im Nationalpark. Dort versuchen die Ranger, das Tier wieder an ein wildes, eigenständiges Leben zu gewöhnen. Sehr nachdenklich stimmt uns die Tatsache, dass der Lebensraum dieser Menschenaffen extrem gefährdet ist. Trotz des totalen Verbots des Holzschlages werden noch immer Bäume im Nationalpark gefällt. Eine Goldmine oberhalb des Flusslaufes verseucht zudem die ganze Gegend mit Quecksilber, das im Minenabbau eingesetzt wird und mit dem Flusswasser durch den Nationalpark an Dörfern und Städten ins Meer geschwemmt wird. Nach Schätzungen der Wissenschaftler werden Orang Utans in freier Wildbahn in etwa 15 Jahre ausgestorben sein.

Den Preis für die Tour finden wir ziemlich hoch. Nebst der Miete für das schöne, farbige Flussboot, das hier Kelotok (Klotok) genannt wird, zählt er auch den Betrag für den Führer (Adi), einen Fahrer, einen Koch, einen Helfer (Diener) Nationalparkeintritt, einen Wächter für Muscat während unserer Abwesenheit, Esswaren und einem Fahrpreis für jeden von uns auf. Und leider sehe er sich wegen der Preisabsprache mit seinen Konkurrenten ausserstande zu verhandeln. Ja, klar, das verstehen wir natürlich, doch müssen wir uns in diesem Falle noch einmal überlegen, ob wir die Tour machen wollen. „Na ja“, meint Adi, „er verstehe das der Preis für fünf hoch ist. Wenn wir versprechen, niemanden etwas zu sagen, könnte ja auch er kochen, den Diener lässt er weg.“ Damit ist die Tour auf einem vernünftigen Preisniveau. Adi freut sich, er sei nämlich ganz neu im Geschäft und im Gegensatz zu seinen Tourkollegen, wolle er unbedingt auch den besten Service, speziell für Yachties, anbieten. So müssen wir nicht mal unser Dingi einwassern, sondern fahren mit einem sehr schmalen, langen Kanu an Land. Adi fährt Andi mit dem Motorrad zu den Amtsstellen, wo wir uns melden müssen, während ich mit den Kindern bei seiner Tante zum Tee eingeladen werde. Er organisiert uns Diesel, der in Fässern im Kanu geliefert wird!

Früh am nächsten Morgen holt uns Adi sowie sein Freund und unser Koch Adis und doch noch ein Helfer, der Radi heisst (einfach sich zu merken, nicht?) ab für die Flusstour. Das Kelotok ist schön bemalt, sauber und richtig gemütlich. Wir machen es uns auf dem Deck unter dem Sonnendach auf Matratzen mit Kissen sehr bequem. Hinten auf dem Deck hat es ein kleines Kabäuschen, wo eine „moderne“ Toilette mit „manueller“ Wasserspülung ist.

Wir tuckern einen brauen Nebenfluss des Kumai hinauf, vorbei an dichten tropischen Pflanzen am Ufer. Alle geniessen die Fahrt. Yanik und Fabien lernen für die Schule, lesen, winken den vorbei knatternden Kanus zu, die wahrscheinlich zur weiter oben am Fluss gelegenen Goldmiene fahren, bestaunen die Landschaft, trinken heissen Tee und essen dazu knusprige Kräcker. Adi serviert ein reichhaltiges Mittagessen mit verschiedenen indonesischen Speisen, das, welch ein Wunder, sogar bei allen drei Kindern Begeisterung auslöst. Wie hatten wir doch gesagt, unsere Kinder essen kaum etwas, vor allem nicht, wenn sie die Speisen nicht kennen? Hier schmausen mit grossem Appetit. Einer meint sogar, dass er noch NIE in seinem Leben so gut gegessen habe. Ich glaube, nicht richtig zu hören!

Am frühen Nachmittag legen wir neben zwei Kelotoks an einer Anlegestelle an und spazieren komfortabel auf einem hölzernen Steg über Sumpfgebiet zum Informationszentrum. Leider ist es geschlossen, so gehen wir gleich auf einem Pfad im Dschungel weiter zu der Fütterungsstelle. Orang Utans hängen in den Bäumen rum. Sie beobachten uns interessiert, genauso wie wir sie. Schon bald kommt uns ein Weibchen mit einem Jungen auf dem Rücken auf dem Pfad entgegen. Wir gucken begeistert und zücken unsere Digitalkamera. Adi dreht sich vorsichtig um und pfeift zum langsamen Rückzug. Dieses Weibchen sei leider sehr aggressiv und habe gerade am Vortag einen Ranger gebissen. So sind wir wieder einmal auf der Flucht, diesmal allerdings langsam und rückwärts auf schmalen Holzlatten über matschigem, nassen Waldboden. Das Weibchen dreht sich um und entfernt sich von uns. Wir schleichen uns langsam wieder auf den Pfad mit Ziel, die Stelle zu passieren und voranzukommen. Aber die Mutter kommt sofort wieder in unsere Richtung gelaufen. Wieder balancieren wir vorsichtig rückwärts. So geht das Spielchen eine ganze Weile. Langsam belustigt mich das Ganze wieder einmal, Adi weniger. „Zu dumm, dass ich keine Bananen mitgenommen habe. Füttern ist zwar verboten, aber in dieser Situation wären wir froh drum. Habt ihr irgendetwas dabei?“ Leider nicht, nur eine halbleere, kleine Wasserflasche. „Ihr müsst jetzt ganz interessiert sein an der Wasserflasche und so tun, als ob ihr trinken würdet. So dass das Weibchen uns beobachten kann und neugierig auf die Flasche ist!“ Also stehen wir auf dem Pfad, nehmen die Flasche und tun so, als hätten wir noch nie eine Flasche gesehen oder als wäre dies unser letzter Tropfen Wasser. Wir versuchen dabei ernst zu bleiben. Schliesslich wirft Adi die Wasserflasche in den Wald. Prompt folgt das Weibchen, nimmt die Flasche und begutachtet sie, während wir die Chance nutzen und schnell an ihr vorbei huschen. „Das hat ja gut geklappt, aber sagt bitte niemanden, dass ich Abfall im Naturpark hinterlassen habe!“ bittet uns Adi. Es ist schön, zu hören, dass auch hier ein gewisses Umweltverständnis ins lokale Bewusstsein kommt.

Beim Fütterungsplatz warten bereits einige Besucher, dort bekommen die Affen Bananen und Milch bereitgestellt. Es dauert nicht lange, da biegen sich die Baumwipfel der jungen Bäume, es raschelt hoch oben in den Baumwipfeln. Yanik und Fabien sind sehr beeindruckt von den immensen Kletter- und Springkünsten der Orang Utans. Nun wollen sie es den Tieren nachmachen und versuchen, auf einen dünnen Baum zu klettern. Aber sie brauchen die Hilfe von Papa und Mama, um überhaupt mehr als einen Meter hoch zu kommen und hängen dann wie Kartoffelsäcke daran, bevor sie mit unserer Hilfe wieder heil runter kommen.

Mit dem Kelotok fahren wir den Fluss wieder hinunter zu einem schönen grossen Teich mit vielen Wasserpflanzen und, so lassen wir uns sagen, etlichen Krokodilen. In der stimmungsvollen Abenddämmerung wird der Urwald lauter und lauter, die Frösche quaken ein grosses Konzert. Wir duschen auf dem Heck des Kelotok mit dem braunen Moorwasser und schmausen anschliessend eine indonesische Nudelsuppe mit Huhn. Yanik und Fabien überschlagen sich mit Komplimenten für die Suppe!

Am nächsten Morgen besuchen wir noch eine andere Station, sehen Fleisch fressenden Pflanzen und flüchten schon wieder vor einem Affen, diesmal vor einem stattlichen Männchen. Aber das sind wir ja inzwischen gewohnt. Nach der Fütterung tuckern wir langsam wieder in Richtung Hauptfluss, sehen Langnasenaffen in den Bäumen turnen, halten mal da für eine kleine Dschungeltour und dort, für einen Besuch in einem armseligen Dorf. Dieses wurde noch schnell gegründet und aufgebaut, bevor der Nationalpark diese Gegend vor dem Menschen schützte.

Schmatzinsel „Muscat“
Zurück auf der Muscat vereinbaren wir ein richtig indonesisches Kochgelage auf der Muscat. Dazu begleite ich Adiz am nächsten Morgen auf den lokalen Markt. Bei den vielen getrockneten Fischen, mit Fliegen gesprenkelten Hühnchen, den in der heissen Sonne liegenden Crevetten wird meine Nase ziemlich sehr strapaziert. Adiz begutachtet die Ware, kauft gemächlich mal da, mal dort etwas und erklärt mir viel Unbekannte Ware. Ich vertraue ihm voll und hoffe, dass wir keine Lebensmittelvergiftung durch die für mein Verständnis schon ziemlich lange an der prallen Sonne liegenden, leicht verderblichen Ware bekommen.

Schwer bepackt kehren wir zur Muscat zurück. Ich helfe Adiz sich ein dem engen Raum in unserer Pantry einigermassen zurechtzufinden. Ich überlasse ihm die Kocherei. Er weiss sich gut zu helfen, lässt sich Zeit und organisiert sich mit allen Schüsseln, die ich habe. Nach zwei Stunden essen wir Bumbu-Hühnchen, verschiedene Gemüse in Sossen, Mie Goreng (gebratene Nudeln mit Gemüse), Suppe, frittierte Bananen und natürlich Reis. Wieder brechen unsere Kinder in Begeisterungsstürme aus und es wundert mich nicht, als Adiz anbietet und am Abend sowie am nächsten Tag noch einmal zu bekochen. Ich geniesse es einfach.